Hightech-Hülle
Gegenüber des historischen Universitätsgeländes der Harvard University entsteht auf der anderen Seite des Charles River im Bostoner Stadtteil Allston ein neuer Campus, der die nachhaltige Ausrichtung der renommierten Hochschule zeigen soll. Mit dem Science and Engineering Complex (SEC) planten Behnisch Architekten eines der ersten Gebäude am neuen Standort. Dafür entwickelten sie ein Forschungs- und Lehrgebäude mit innovativem Fassaden- und Lüftungssystem.
Auf 50.000 m2 finden in dem Neubau der School of Engineering and Applied Science (SEAS) Labore, Schulungs- und Seminarräume nebeneinander Platz. Sie verteilen sich auf drei achtstöckige Volumen, die sich rund um zwei Atrien legen und auf Terrassengeschossen ruhen. Die ersten drei Etagen gehen mit ihren begrünten Dachterrassen stufenweise in die südlichen Freiflächen über. Sämtliche Grünflächen tragen maßgeblich zu einem angenehmen Klima auf dem Gelände bei. Gemeinsam mit Transsolar arbeitete das Planerteam ein effizientes Klima- und Energiekonzept für den Bau aus. Dieses setzt sich aus einer intelligenten Fassade und einem optimierten System zusammen, das mittels natürlicher Belüftung den Lüftungsbedarf um bis zu einem Drittel senkt. Das verringert die CO2-Emissionen im Vergleich zu ähnlichen Forschungsbauten um 50% und brachte dem Projekt eine LEED-Platinum-Auszeichung ein.
Eine Dreifachverglasung mit Fenstern zur Frischluftzufuhr bildet die erste Schicht und den thermischen Abschluss der intelligenten Gebäudehülle. Davor legt sich in den obersten vier Stockwerken ein feststehender Sonnenschutz aus 12.000 filigranen Edelstahlelementen in 14 Formen, der zum charakteristischen Merkmal des Universitätsgebäudes wird. Mit den Ingenieuren von Knippers Helbig entwickelten die Architekten die erste hydrogeformte Fassade. Die einzelnen Paneele presste man dafür mit dem Verfahren aus der Automobilindustrie mittels Innendruck in die jeweilige Form. Für maximale Stabilität und niedrige Blendung wurden die 1.5 mm dünnen Bleche anschließend gefaltet und perforiert. Jedes Einzelteil des Brisesoleils ist perfekt auf seine Position und die Sonneneinstrahlung abgestimmt. Die Verschattungselemente ermöglichen Ausblicke nach draußen und lenken das Tageslicht gleichzeitig angenehm in die Forschungs- und Lehrräume. Je nach Jahreszeit reduziert das Fassadensystem Kühl- und Heizlast sowie Gebäudetechnik um bis zu 65%. Im Sockel und den terrassierten Geschossen prägen Fensterbänder und bodentiefe Verglasungen das Bild. In den Atrien gibt es öffenbare Elemente zur Nachtluftkühlung und außenliegende, horizontale Lamellen. Sie komplettieren die innovative Gebäudehülle des Bildungsbaus auf dem neuen Harvard-Campus, schützen vor Überhitzung und lassen diffuses Licht ins Innere.
Text: Edina Obermoser
Fotos: Brad Feinknopf
Kategorie: Projekte