Wohnen in Beton – Valverde

24. Mai 2018 Mehr

Haus R / Valverde / 35A Studio

 

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Ein Haus zum Wohnen, das eigentlich ein Designobjekt ist, hat das 35A Studio für ein junges Paar in der Provinz di Pavia in Italien entworfen. Wenn man die heutige Ausprägung eines Brutalismus der Nachkriegsbauten liebt – ein Stück Architektur. Wenn man wohnen möchte – eher ungeeignet.

 

In der Provinz di Pavia in Italien steht ein Wohnhaus, komplett aus Beton mit coolem italienischen Design, in dem man eigentlich nicht wohnen kann. Alles, aber auch die kleinste Ecke ist aus Beton, Sichtbeton natürlich. Einige in Betonnischen eingelassene Holzflächen – hinter denen sich Schränke oder Stauräume verstecken – versuchen verzweifelt, eine gewisse Wärme oder Gemütlichkeit zu simulieren. Allein es will nicht so recht gelingen. Dazu trägt auch die an einem Kabel aus der Betondecke hängende Designglühbirne bei. Zu hart, zu perfekt, zu grau und an einen Bunker erinnernd sind die Innenräume. Und weil es so perfekt aus Beton designt ist, hat es auch den „German Design Award 2018“ gewonnen und eine lobende Erwähnung beim „architecture prize“ in Amerika erhalten.

Dabei ist die Oltre Po Pavese Region, nur 20 Kilometer von Pavia entfernt, mit ihren kleinen Dörfern, Schlösschen, Wäldern und einer blühenden Natur geradezu ein Paradies fürs Auge. Hier liegt in einem 315-Einwohner-Dörfchen dieses Eigenheim für ein junges Paar aus Mailand. Auf einem leicht geneigten Grundstück von 3.000 m2 steht es exakt auf dem Platz einer alten, aus Steinen gemauerten Scheune. Sie wurde abgerissen, um Platz für den Neubau zu schaffen. Das Eigenheim ist, wie schon gesagt, komplett aus Stahlbeton, in einem Monoblocksystem erbaut. Das heißt, alle Teile, Brüstungen, Stiegen, Zwischenwände, Decken, Außenwände sind miteinander zu einer Einheit, zu einem einzigen Block verbunden. Es steht ohne Keller auf der Erde mit einem offenen, mit weißem Kies bedeckten Bereich (den kein Grashalm stört) an der Vorderseite, um von hier aus die Natur und die Umgebung während des Sommers genießen zu können.

Konzipiert ist dieses, als Feriendomizil gedachte Haus als offener Raum mit zwei angedeuteten Ebenen in einem ein- bis zweigeschossigen Volumen. Sein Charakteristikum sind der Loftcharakter und die 45 Grad-Drehung seiner (traditionellen) Dachflächen. Daraus ergeben sich vier identische, stereometrische Trapezoidschnitte.

Die Aufteilung der Funktionen im Inneren ist dann eher einfach, wie folgt: Auf der Erdgeschossebene findet man den Wohn- und Essbereich, zugänglich vom Garten her durch große Schiebetüren aus Glas. Natürlich ist er auch von der ebenfalls verglasten Hauseingangstüre aus erreichbar. Der Bereich auf dieser Ebene gliedert sich in einen zweigeschossigen Wohnraum und den Essplatz, der eingeschossig unter der Mezzaninebene platziert ist. Ebenso gibt es den offenen Küchenbereich mit einer Arbeitsplatte aus Beton und zwei Türen aus Ahornholz. Ein kleines Bad, auch komplett aus Beton (sehr gemütlich) und grünen Zementfliesen am Boden versorgt Erdgeschoss und Obergeschoss.

Eine schmale Betonstiege, beginnend im Wohnbereich und zwischen zwei Betonwänden eingeklemmt, bietet den Zugang zu den Schlafstellen im Obergeschoss. Hier sind zwei komplett offene Schlafzimmer, von denen aus man den darunter liegenden Wohnbereich überblicken kann. Von den Schlafzimmern aus bietet sich durch große Fenster der Ausblick in die Landschaft. Die Beziehung zur Natur wird über die Holzfenster (ohne jegliche Unterteilung) hergestellt. Einige lassen sich öffnen und andere sind fix verglast. Zusammen bringen sie genug Naturlicht ins Innere der Architektur und auch genügend Ausblicke in die Natur. Ihre Anordnung an der Fassade entspricht jedoch nicht funktionalen oder ästhetischen Kriterien, sondern rein den besten Blickpunkten nach außen.

 

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Das Innere ist von einem coolen Design und Beton, wohin man auch blickt, gekennzeichnet.

 

Der verwendete Stahlbeton trägt dazu bei, jegliche strukturellen Elemente im Inneren zu eliminieren und die Baukosten zu reduzieren. Er wurde mit ganz normalen Schaltafeln verarbeitet und blieb innen sichtbar. Die Materialität des Betons und die der wenigen Holzelemente (in der Küche, bei den Türen und Fenstern), die Sterilität des Bodens aus Beton mit Quarzsand veredelt und poliert, die rauen Oberflächen der Wände und Decken – all das soll (und tut es auch) die architektonische Arbeit und Qualität betonen. Das ist Wohnen in einem Designobjekt.

Die Behandlung der Außenfassaden folgt in ihrer Ideologie den Innenräumen und führt zu einer Kontinuität des Raumgefüges. Ein dunkelgrauer, grobkörniger, Hitze reflektierender, mit der Spachtel verarbeiteter Thermoputz bedeckt die Wände. Auch die 45 Grad gefalteten Dachflächen sind mit einem billigen Material, welches üblicherweise bei Industriebauten verwendet wird, bedeckt. So wird die brutalistisch-puristische Sprache des ganzen Projekts bis ins kleinste Detail durchgezogen.

 

 

Haus R
Valverde, Italien

Bauherr: privat
Planung: 35A Studio, Andrea Carmignola, Janko Mauri
Statik: Polistudio srl

Grundstücksfläche: 3.000 m2
Bebaute Fläche: 120 m2
Planungsbeginn: 2014
Bauzeit: 2 Jahre
Fertigstellung: 2016
Baukosten: 180.000 Euro

 

Plan Grundriss Valverde

 

Fotos: ©Andrea Carmignola, Maddalena Merlo

Text: ©Peter Reischer

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Kategorie: Projekte