Hans Hollein – Architekt, Designer und Künstler

30. September 2019 Mehr

Hans Hollein – Architekt, Designer und Künstler

„Alles ist Architektur“ ist der Slogan, mit dem Hans Hollein in die Geschichte einging. Tatsächlich war der Wiener nicht nur Architekt. Er wurde auch als Designer, Aussteller und Raumkünstler angesehen. Vielseitigkeit war bei Hollein Programm. Experimente gehörten zu seinem Tagesgeschäft. Damit schaffte er es, auch in Bezug auf Nachhaltigkeit Akzente zu setzen. Herausragend ist dabei vor allem die Zusammenarbeit mit Walter Pichler. Mit ihm schuf er immer wieder Situationen, die mit der Wirkung des Raums spielten. Enge und Breite sowie Weite und Höhe machte sich dieser Doyen der Architektur zunutze.

Hans Hollein wurde in Wien geboren und war in der Hauptstadt Österreichs auch zu Hause. Da verwundert es nicht, dass viele seiner Bauten hier zu finden sind. In Wien gehört das 1990 eröffnete Haas Haus im 1. Wiener Gemeindebezirk wohl zu den bekanntesten Bauten Holleins. Mit seinem einzigartigen Stil eckte der modernistische Bau durchaus an und sorgt noch heute für Diskussionen. Nicht umsonst wurde das Haas Haus als „Eckhaus der Nation“ bezeichnet. Mittlerweile ist es mit seiner unverkennbaren Fassade ein angesehener Klassiker postmoderner Architektur. Seit 2012 steht das ursprünglich als Bausünde verschriene Gebäude unter Denkmalschutz. Bekannt war der Architekt nicht nur in Wien. Er machte sich vor allem international einen Namen. So entwarf er unter anderem die amerikanische Botschaft in Moskau, das Nationalmuseum Ägyptischer Zivilisation in Kairo und das Museum für Glas und Keramik in Teheran. Mit seinen Projekten schaffte er es, die Baubranche wieder mit Sinnlichkeit und Emotionalität zu verknüpfen.

 

Hans Hollein

Hans Hollein, Haas-Haus Wien, AT, 1985-1990, Baustelle 1989, Architekturzentrum Wien, Sammlung

Foto:©Margherita Spillutini

 

Geordneter Stilbruch
Drastische Effekte scheute Hans Hollein nicht – Individualität und der Wiedererkennungswert standen bei seinen Projekten stets im Vordergrund. Sein Anliegen bestand auch darin, die Bauwerke der Umgebung anzupassen. Der Architekt und Stadtplaner arbeitete gerne mit Bezügen und betrachtete seine Bauwerke stets im Kontext des bebauten Raums. Er brachte mit seinem Spiel der Elemente Harmonie in den Raum.

Hans Hollein plante gerne fernab der Konventionen. Jenseits geltender Regeln wollte er der Architektur zu neuer Blüte verhelfen. Dafür bediente er sich schon mal gewagter Visionen – so plante er, die Stadt Wien mit Felsformationen zu überbauen. Letzten Endes beschränkte sich sein Schaffen in der Hauptstadt aber auf einzelne Gebäude – mit seinen Maßnahmen prägte er das Ortsbild Wiens trotzdem maßgeblich. Hollein verewigte sich unter anderem an der Albertina. Nach der Renovierung der grafischen Sammlung im Jahr 2001 schrieb die Stadt Wien einen Wettbewerb aus. Das Gebäude sollte ein neues Wahrzeichen bekommen. Hollein hob sich mit seinem Entwurf eines Flugdachs von seiner Konkurrenz ab. Auch hier bediente er sich einer modernen – und dabei nicht minder kritisierten – Form und kreierte inmitten historischer Bauten einen Stilbruch. Die Rampe zerteilt mit einer Länge von 53 Metern und einer Breite von 12 Metern den Abschnitt vor dem Museum und ragt ins Stadtgebiet hinein. Als Symbol für Geschwindigkeit und Zukunft fungiert das Dach nunmehr als neues Wahrzeichen der Sammlung.

Das Bauwerk als Stadt im Kleinen
„Architektur ist kultisch, sie ist Mal, Symbol, Zeichen, Expression. Architektur ist die Kontrolle der Körperwärme – schützende Behausung.“ Hans Hollein, 1967.

Gebäude waren für ihn nicht nur Lebens- und Arbeitsstätten. Er sah sie vielmehr als Miniaturstädte – also als Stadt in der Stadt – an. Daher zeichnen sich viele seiner Bauwerke durch eine vielseitige Handschrift sowie wechselnde Materialien auf engem Raum aus. Zu erwähnen ist hier wiederum das Haas Haus, an dem sich dieses Stilmittel deutlich erkennen lässt. Aus einem Mantel aus Quarzit und Gneis schälte Hollein hier einen Glaskörper aus. Darüber befindet sich eine pavillonartige Struktur. In der glänzenden Oberfläche des Haas Hauses spiegelt sich der Stephansdom, weshalb sich das Konstrukt trotz seiner neumodischen Erscheinung gut in die Wiener Innenstadt mit ihren Altbauten integriert. Und gerade wegen dem, auf den ersten Blick so unterschiedlichen, Baustil sticht das Gebäude aus seiner Umgebung heraus und ist für die Altstadt damit identitätsstiftend.

Dass Hollein die Architektur als Kommunikationsmittel ansah, zeigte er durch die Realisierung von Leitsystemen. Finesse bewies er mit seinem 1972 realisierten Orientierungssystem im Olympiadorf in München. Schon damals galt sein Konstrukt aus Röhren als kommunikatives Ideal. Verschiedene Farben, Beleuchtungen, Dia-Projektoren und Fernsehschirme dienten der Orientierungshilfe. Fußboden- und Infrarot-Heizung samt Wassersprenklern erweiterten den Komfort. Damit bewies er, dass – zumindest für ihn selbst – Architektur tatsächlich alles ist.

 

Hans Hollein

Foto:©Peter Reischer

 

Erste Schritte in Richtung Nachhaltigkeit
Weitaus weniger bekannt sind die „nachhaltigen“ Projekte des Planers – Begriffe wie Aktiv- oder Passivhaus sowie Ökologie standen für ihn nicht im Vordergrund, und doch gibt es sie. Während er zwar nicht klassisches „Green Building“ betrieb, verstand er es trotzdem, die Ressourcen und den Raum bewusst und sparsam zu nutzen. Zeugnis dafür ist unter anderem der erste Großbau des Architekten. Das 1982 errichtete Museum in Mönchengladbach wurde regelrecht in einen Berg hinein komponiert und ist ein Musterbeispiel für den sparsamen Umgang mit Raum. Auch studierte Hollein vor der Realisierung eines Projekts stets die Umgebung. Weder in der Planungsphase noch beim Bau überließ er etwas dem Zufall. Sogar über die Farbe des Bauzauns und über Schriftzüge machte er sich Gedanken. Aufschluss über den aufwendigen Arbeitsprozess geben seine detaillierten Studien. Sein Können als Designer machte sich der Architekt dabei zunutze, denn neben Häusern entwarf er auch Details wie Türklinken und Möbel.

Nachhaltige Projekte entstanden aber auch in der Zusammenarbeit mit Walter Pichler. Letzterer war für seine bescheidene Lebens- und Arbeitsweise bekannt. Die Behausungen für seine Skulpturen schuf er stets selbst. Dies galt auch für seine erste Ausstellung, die er 1963 mit Hollein auf die Beine stellte. Dabei widmeten sich beide Visionäre utopischen Architekturmodellen. Damit waren sie auch erfolgreich – denn einige Entwürfe wurden 1967 sogar im Museum of Modern Art in New York gezeigt. Die Designs bezogen sich auch hier auf die sparsame Nutzung des Raums.

Über Hans Hollein und eines seiner bedeutendsten Werke – das Haas Haus – informiert das Architekturzentrum Wien seine Besucher seit 13. Juni bis 19. August 2019 im Rahmen der Ausstellung „Hans Hollein ausgepackt: Das Haas Haus“.

 

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Präsentationsmodell Bearbeitungsstand Frühjahr 1687, Archiv Hans Hollein, Az W und MAK, Wien

Foto:©Elmar Bertsch

 

Text:©Dolores Stuttner

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Kategorie: Architekturszene