Die weltweit größte Uhr und ihre Beleuchtung
Richtung Mekka richten Muslime in aller Welt ihre Gebete. Der Geburtsort des Propheten Mohammed ist die heiligste Stadt und der wichtigste Wallfahrtsort des Islam. Jeder der circa 2,5 Millionen Muslime, die jährlich zur Hadsch in das saudi-arabische Mekka pilgert, behält bleibende Eindrücke. Einer davon ist sicherlich die Uhr, die sich auf dem – nunmehr nur noch dritthöchsten – Gebäude der Welt, dem Abraj Al Bait Tower befindet. Er ist ca. 600 Meter hoch und direkt neben der Moschee gelegen.
Auf dem Turm befinden sich in einer Höhe von ca. 400 Metern die vier größten Uhren der Welt. Mit einem Ziffernblattdurchmesser von je 43 Meter und einer Zeigerlänge von ca. 22 Meter, sind diese Uhren sechs Mal so groß wie die des berühmten Big Bens in London. Die Zeiger sind aus einem Kohlefaser-Verbundstoff gefertigt, sie haben eine aerodynamische Form und sind mit einem Blitzableiter ausgestattet, der bei Gewittergefahr automatisch ausfährt.
Als Werkstoff für die Zahnräder der Uhr wählten die Ingenieure eine besonders harte Spezialbronze. Weil ein Zeiger 7.500 Kilogramm wiegt, mussten für die Uhr außergewöhnlich starke Zeigerantriebe konstruiert werden. Jeder der vier Antriebe wiegt 21 Tonnen.
Ihre Fassade schmücken 98 Millionen Glasmosaiksteine mit 24 Karat Blattgold. Die „Mekka Royal Clock“ ist auch die größte solarbetriebene Turmuhr der Welt und wird vom Produzenten aus Deutschland per Internet gesteuert und gewartet.
Für die visuelle Wahrnehmung, das Erscheinungsbild des Ziffernblatts, der Ziffern und der Zeiger waren die österreichische Firma Bartenbach GmbH aus Tirol gemeinsam mit dem Architekturbüro SL-Rasch aus Stuttgart zuständig.
Aufgrund vieler wahrnehmungspsychologischen Untersuchungen und Testaufbauten muss sich das Erscheinungsbild der Uhren von Tag auf Nacht ändern. Dies bedeutet, dass bei Tag ein Kontrastverhältnis von 1:8 mit einem weißen Ziffernblatt und schwarzen Zeigern und Ziffern verlangt wurde. Durch das, für dieses Projekt speziell entwickelte Lichtsystem, ändert sich der Hintergrund in der Nacht auf die Farbe Grün und die Zeiger und Ziffern auf Weiß. Das Kontrastverhältnis steigt auf ca. 1:100. Im Gegensatz zu anderen Farben, kann das menschliche Auge die Farbe Grün am besten auflösen. Die Farbabweichung ist hier am geringsten, da die Abbildung direkt auf der Netzhaut stattfindet.
Die Zeit ist bei Tag aus einer Entfernung von 6 bis 8 Kilometern und bei Nacht von 8 bis 10 Kilometern ablesbar. Dadurch können die Pilger die exakt vorgeschriebenen Gebetszeiten einhalten.
Aufgrund der speziellen klimatischen Bedingungen in Mekka (Umgebungstemperaturen bis zu +50°C) basiert das Konzept auf einer innovativen und effizienten LED-Lichtlösung. Ungefähr 600.000 individuell ansteuerbare weiße und grüne Lichtpunkte sind vollständig in die Architekturfassade, welche aus laminierten Epoxid-Glasfaser Sandwichelementen gefertigt ist, integriert und ermöglichen je nach Tages- und Nachtzeit ein stimmiges Erscheinungsbild. Die Lichtelemente sind tagsüber, im ausgeschalteten Zustand nicht sichtbar.
Mit Hilfe genauer Berechnungen von Form, Größe und Abstand der einzelnen LED-Punkte wird ein homogen leuchtendes Ziffernblatt erzeugt. Ab einer Sehdistanz von mindestens 300 Metern verschmelzen die einzelnen „Pixel“ zu einer gleichmäßigen Fläche und können vom menschlichen Auge nicht mehr getrennt voneinander wahrgenommen werden.
Das zweite Kunststück am Uhrturm in Mekka ist die Medienwand, die auf einer Höhe von etwa 380 Metern installiert ist. Sie wird vor allem für die Präsentation von Text-Botschaften (z. B. Suren und Verse aus dem Koran) für die Gläubigen in der näheren Umgebung während des Tages und in der Nacht genutzt. Mithilfe der modernen LED-Technologie war es auch hier möglich, ein Lichtsystem zu entwickeln, das ausgezeichnete Erkennbarkeit und Lesbarkeit sicherstellt. Der auf die Medienwand aufgespielte Text muss unabhängig vom Betrachtungswinkel und noch aus einer Entfernung von 2 km gleich deutlich lesbar sein. Die am besten geeigneten Leuchtdichtewerte und Kontrastverhältnisse wurden in mehreren Versuchsreihen ermittelt.
Eine weitere Herausforderung bestand darin, dass die Beleuchtung so in die Fassade des Turms integriert werden musste, dass sie keinerlei visuelle Störung im ausgeschalteten Zustand verursacht. Die LED-Lichtpunkte wurden ähnlich, wie bei der Mekka-Uhr, in die Fassadenpaneele integriert. Um eine homogene und doch brillante Oberfläche mit klar erkennbarem Text zu erzeugen, wurden auch hier einzeln ansteuerbare LED-Lichtpunkte in einem Rasterabstand von 63 mm installiert. Diese Pixel verschmelzen zu einer gleichmäßigen Fläche für Betrachter, die mindestens 300 m entfernt sind. Um eine Anpassung der LED-Lichtpunkte an unterschiedliche Lichtverhältnisse während des Tages zu ermöglichen, ist jeder Lichtpunkt mit einer weißen und einer grünen LED bestückt. Deshalb sind insgesamt je 620.000 weiße und grüne LEDs in die Fassade integriert, und gewährleisten ein homogenes, stimmiges Erscheinungsbild.
Fotos: SL-Rasch, Stuttgart