Historische Substanz und modernste Technik
Der weltberühmte Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek erhielt eine neue Beleuchtung. Eines der wesentlichen Ziele des Projekts war natürlich, die modernste Technik so unsichtbar wie nur möglich in diesem historischen Ambiente einzusetzen. Die Lichtplanung für dieses Projekt stammt von Helmut Regvart von der Firma Lighting Design Austria. Mit ihm sprach architektur über die speziellen Herausforderungen und die Umsetzung des Beleuchtungskonzepts.
Welche Vorteile bringt die neue Beleuchtung des Prunksaals gegenüber der bisherigen?
Alle Blendungspunkte wurden auf ein Minimum reduziert. Die Farbwiedergabe wurde um ein Vielfaches verbessert. Nun sind die gesamten Deckenfresken in ihrer vollen Schönheit zu sehen und zusätzlich kommen die künstlerischen 3D Effekte heraus, die vorher nicht wahrgenommen wurden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass nun die konservatorischen Vorgaben/Notwendigkeiten zu 100% eingehalten werden. Trotzdem war es möglich, den Prunksaal in seiner ganzen Pracht zu inszenieren.
Was wird den Besuchern auf dem Weg durch den Raum am ehesten auffallen?
Ich denke, dass selbst Besucher, die den Prunksaal schon öfter gesehen haben, nicht genau wissen, was anders ist. Aber im Gesamteindruck wird man sehr wohl wahrnehmen, dass sich der Prunksaal wesentlich verändert hat, da nun Details sichtbar sind, die vorher einfach untergegangen sind. Genau dieser Effekt – etwas, das man kennt, zu sehen und das komplett frei von Störungen durch falsche Farben oder Blendungen ist, macht die Anlage so wertvoll. Es war ausdrücklich nicht der Wunsch ein Disney Land zu erzeugen, sondern den Prunksaal in seiner ganzen unverfälschten Schönheit mit allen Details zu zeigen.
Was unterscheidet ein Bild in alter Beleuchtung und ein Bild in der neuen Ausleuchtung voneinander?
Die alte Beleuchtung hat alles sehr flach und ausgewaschen, sagen wir verblasst, wirken lassen. Nun sind die Farben sichtbar, Licht und Schatten ergeben spannende Details und 3D Effekte, die Akzentuierung erlaubt es, den Prunksaal mit einem Gefühl von Erhabenheit, Größe und unglaublichem Detailreichtum wahrzunehmen. Manche Bauteile sind erst jetzt in ihrer vollen Schönheit dargestellt, die vorher ein „Schattendasein“ gefristet haben. Auch die Bücherausstellung ist jetzt lebendig und zeigt unglaublich vielfältige Details. Zudem hat die neue Beleuchtung die Möglichkeit geschaffen, auf die vielen verschiedenen Events im Prunksaal punktgenau mit einer großen Flexibilität zu reagieren – und das alles, ohne der historischen Substanz zu schaden.
Wie ist es möglich, dass die Figuren auf den Bildern nun auch Präsenz im Raum erhalten haben, die vorher nicht da war?
Vorher bestand die Beleuchtung aus Metalldampflampen. Deckenflutern, die nur die Decke/Fresken beleuchtet haben. Zusätzlich gab es noch Halogenlampen, die stark sichtbar mit großer Blendung angebracht waren. Das neue Beleuchtungskonzept basiert nun auf rund 350 LED-Lichtpunkten – mit insgesamt weniger Anschlussleistung als vorher, aber mit viel längerer Lebensdauer und wenig Wartungsaufwand.
Diese LED-Strahler mit verschiedenen Optiken leuchten nun zielgerichtet und effizient die Flächen in der Besucherebene und auf der Galerie aus. Und das im Zusammenspiel mit einer KNX/DALI Steuerung: Sie ermöglicht jeden einzelnen Lichtpunkt anzusprechen, je nach Erfordernis zu dimmen und so eine uneingeschränkte Anzahl an Lichtstimmungen zu erzeugen.
Mit welchen Zielsetzungen ist man an den Sichtbereich der Besucherebene herangegangen, um die Schönheiten des Prunksaales unmittelbar erlebbar zu machen?
Der Umsetzung ist eine groß angelegte Bemusterung vorangegangen, um den EntscheiderInnen die Möglichkeit zu geben, eine genaue Vorstellung vom möglichen Endergebnis zu bekommen. Oberstes Ziel war es, die Beleuchtung so unsichtbar wie nur möglich zu machen. Ähnlich einer Bühnenbeleuchtung, die vom Zuschauer nur dann wahrgenommen wird, wenn sie nicht korrekt ausgeführt ist. Das heißt zielgerichtet, effizient zu beleuchten und Blendungen so weit wie möglich zu reduzieren. In diesem Zusammenhang wurden Serienleuchten kundenspezifisch weiterentwickelt und adaptiert, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Ein Hauptpunkt war z.B., die Leuchten so aufzurüsten, dass die Einstellung nicht „im Vorbeigehen“ verändert werden kann. Man muss bedenken, dass der Prunksaal eine wissenschaftliche Bibliothek ist, wo täglich zahlreiche Bücher ausgehoben, bzw. zurückgebracht werden. Diese Arbeiten finden während des Besucherbetriebes statt und erfordern eine garantierte Fixierung der Leuchten. Nur so ist zu gewährleisten, dass das Erlebnis für lange Zeit unverfälscht erhalten bleibt.
Was waren die größten Herausforderungen dieses Projektes?
Die konservatorischen Angaben, die historische Substanz, die Dimension des Prunksaals, die technische Problematik, alle notwendigen Elektroleitungen für Energie, Sicherheit und Steuerung so zu verlegen, dass das BDA es abnehmen wird und die Besucher von der technischen Infrastruktur nichts mitbekommen. Natürlich auch die genaue Einhaltung des Kostenrahmens – eine Herausforderung für sich.
Interview: Alexander Magyar
Fotos: Lighting Design Austria
Kategorie: Architekten im Gespräch, Kolumnen, Licht