Energieoptimierung und -gewinnung im Gebäude

25. April 2013 Mehr

Ist nicht die beste Energie eigentlich jene, die gar nicht erst erzeugt werden muss? Wie viel Kunstlicht – und wie viel Tageslicht – braucht der Mensch eigentlich? Welche energetischen Schätze schlummern im Gebäude, die nur darauf warten, gehoben zu werden?


Integrierte Systeme der Tageslichtkontrolle lassen sich auch zur Erzeugung von Strom einsetzen.

Ganz nach Plan

Die Auseinandersetzung mit diesem Thema findet an mehreren Orten auf akademischem Niveau statt. So etwa an der Donau-Uni Krems, wo nicht nur Studiengänge zur Tageslichtplanung stattfinden, sondern auch im Speziellen die Wirkung des natürlichen Lichts (beziehungsweise dessen Mangel) auf die Gesundheit erforscht wird. Auch die Bartenbach Lichtakademie beschäftigt sich mit der Tageslichtumlenkung ins Gebäudeinnere bis hinunter in den tiefsten Keller.
Wie wir schon früher betont haben, sollte die Zusammenarbeit von Architekt und Lichtplaner schon sehr früh im Planungsprozess beginnen, idealerweise mit den ersten Skizzen in der Konzeptphase, das ermöglicht nicht nur eine sinnvolle Platzierung der Leuchten im Bauwerk. Durch die Gestaltung der räumlichen Struktur und die Kontrolle der Lichtführung an der Fassade kann ein Gebäude auf ein perfektes Zusammenspiel von Kunst- und Tageslicht optimiert werden. Nutzbares Licht wird ins Innerste geführt, Wärmestrahlung im Winter zum Aufwärmen der Mauern genutzt und im Sommer gar nicht erst herein gelassen.


Das Future Evolution House zeigt im transparenten Untergeschoß mit farbigem Licht seinen energetischen Status auch nach außen – wie etwas hier in einer energetisch neutralen Phase.

Zeit der Ernte

Einen Schritt weiter geht das Energy Harvesting, neudeutsch für die (Rück-)Gewinnung von Energie quasi als Nebenprodukt sowieso schon stattfindender Prozesse. Industrielle und häusliche Abwärme bzw. Thermalenergie wird nun schon längere Zeit für Heizzwecke genutzt – man denke nur an das in dieser Hinsicht begnadete Island. Doch unentwegt werden weitere Wege der Energiegewinnung gesucht und gefunden:
Man nützt die Energie von Vibrationen, welche mit haarfeinen Piezoelementen in elektrische Energie umgewandelt wird. Die Energie der elastischen Deformationsbewegung von Bahngleisen beim Darüberrasen eines viele Tonnen schweren Zuges kann mittlerweile mit speziellen Wandlern angezapft werden. Mikrometerkleine Peltierelemente, millionenfach aus Siliziumkristallen gezüchtet, eröffnen mit ihrer Fähigkeit Temperaturdifferenz in Strom zu wandeln (und umgekehrt), speziell auf Fassaden bislang ungeahnte Möglichkeiten.
Und im Haus müssen nicht einmal mehr Leitungen zu den Lichtschaltern verlegt werden, weil ein Druck auf den (batterielosen) Taster mithilfe von Piezoelementen oder Magnetspulen genug Energie erzeugt, um einen kurzen Schaltimpuls per Funk zur Leuchte zu schicken.


Renderings im Zuge der Ideenfindung für die Energieinformation des Future Evolution House. Bei blau befindet sich das Haus in einer energetisch neutralen Phase. Bei violett bis rotem Licht wird zunehmend Strom aus dem Netz genommen.

Zukunftshäuser

Das Future Evolution House des Zukunftsforschers Matthias Horx ist ein schönes Beispiel für den experimentierfreudigen Umgang mit allen Formen der Erzeugung und des Verbrauchs von Energie. Auf der einen Seite verbunden mit dem öffentlichen Stromnetz, kann zusätzlich Energie aus Solarpaneelen am Dach, einer Wärmepumpe und einer in der nächsten Ausbaustufe geplanten Brennstoffzelle, generiert werden.
In der Energiezentrale im Kellergeschoss ist – da sind wir wieder bei unserem eigentlichen Thema Licht – eine farbige Beleuchtung installiert, die in wechselnden Farben auch nach außen anzeigt, ob Strom aus dem Netz bezogen oder dahin zurückgespeist wird. Natürlich ist das ein öffentlichkeitswirksames Konzept, aber ein sehr charmantes. Stellen Sie sich vor, wie in einer nicht (allzu) fernen Zukunft über der Stadt ein sanfter farbiger Puls liegt, der vom stetigen Oszillieren zwischen Verbrauch und Erzeugung erzählt. Wer weiß, vielleicht entwickelt sich da auch ein regelrechter Wettbewerb zwischen Stadtteilen, wer doch der Ökologischste ist im ganzen Land.


Die breite Farbpalette dieser Solarglas-Paneele von Onyxsolar ermöglicht ganz neue Wege der ökologisch wirksamen und zudem ästhetischen Gestaltung.

Farbenpracht

Auf dem Gebiet der Fotovoltaik tut sich seit kurzem auch einiges. Eine internationale Firma präsentierte kürzlich eine Serie von fotovoltaischen Architekturverglasungen, die sich markant von den bisherigen Produkten am Markt unterscheiden. Die Gläser sind sowohl in einer sehr umfangreiche Farbpalette als auch in einer fast transparenten Variante erhältlich und bieten eine neue architektonische Gestaltungsfreiheit mit dem Zusatznutzen der Stromgewinnung.
Es ist schön zu sehen, dass an diese verschränkte Nutzung der verschiedenen Energiequellen nicht bloß trocken-sachlichtechnisch herangegangen wird, sondern zunehmend Werkzeuge für die Verwirklichung einer kreativen Vision auf den Markt kommen. Hier liegt letztlich die Verantwortung für den weiteren ästhetischen Fortschritt in der Hand des Architekten.

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Kategorie: Licht