Brausebad wird familienidylisches Einsiedlerbad
Einsiedlerbad
In Wien waren die traditionellen Brausebäder bis in die 1980er-Jahre notwendige Sanitäreinrichtungen. Denn damals waren Wohnungen mit Bad keine Selbstverständlichkeit. In diesen Brausebädern wurden der Bevölkerung Wiens Wannen und Duschen zur Verfügung gestellt –dazu gehörte auch das Einsiedlerbad im 5. Wiener Gemeindebezirk.
Heute sind Wohnungen ohne Dusche und WC eine Seltenheit. Daher nutzen auch immer weniger Menschen die Brauseabteilungen der Volksbäder. Das veranlasste die Stadt Wien dazu, im Einsiedlerbad über einen Umbau und eine Generalsanierung der nunmehr kaum genutzten Bereiche nachzudenken.
Aus dem 2016 ausgeschriebenen Architekturwettbewerb ging das Wiener und Züricher Architekturbüro illiz architektur als Sieger hervor. Dieses schaffte es, auf den innerstädtischen Kontext des Bads Bezug zu nehmen und trotz begrenztem Platzangebot eine massive Landschaft aus Beckenanlagen zu schaffen. Auf einer kompakten Fläche, die einer nassen Schublade gleicht, fassten die Architekten Freibecken, Wasserattraktionen und Spritzdüsen zusammen.
Die größte Herausforderung bestand darin, den knappen Raum auf erfinderische Weise seiner neuen Nutzung zuzuführen – diese meisterten die Architekten durch einen kreativen Umgang mit den örtlichen Gegebenheiten. So höhlten die Planer Teile des ursprünglichen Erdgeschosses aus, um eine Wasserrutsche zu realisieren. Der Niveauunterschied zwischen Freiflächen und Hochparterre wurde hier bewusst genutzt. Daneben schufen sie notwendige Flächen zur Sicherung der Barrierefreiheit. Ein hellgrüner Pflasterbelag kennzeichnet dabei Strecken und Areale, die Menschen mit eingeschränkter Mobilität durch das Bad leiten. Im Inneren des Bades wurde viel Ballast entfernt, sodass es möglich war, eine offene Struktur zu schaffen. Die typische Kappendecke wurde bis zu deren ursprünglicher Höhe freigelegt. Auch die vermauerten Oberlichter wurden wieder hergestellt. Um den Innen- und Außenraum miteinander zu verschränken, ersetzten die Architekten an der Front zum Rutschbecken die Außenmauer durch eine Verglasung. Das Stiegenhaus wurde hingegen nur behutsam saniert, wobei der Fokus vor allem auf Erhaltung der ursprünglichen Struktur samt ihren historischen Elementen lag.
Charakteristisch für das Bad ist auch die dezente Farbwahl. Mit ihr bildet es eine zurückhaltende und dabei umso entspannendere Kulisse für das vielseitige Badegeschehen. Prägend wirkt lediglich das, für zahlreiche Wiener Gebäude, charakteristische Resedagrün. Mit dem als Otto-Wagner-Grün bekannten Farbton setzten die Planer an Fenstern, Geländern und Portalen durchgehende Effekte.
Fotos:©Hertha Hurnaus
Kategorie: Magazin