Die Blue Box
Die Bälle fliegen hoch, strichlierte und gebogene, parabelförmige Linien an der Wand deuten auf die Dynamik der ausgeübten Sportarten hin und die blaue Farbe erregt optische Aufmerksamkeit – ein echter ‚Hingucker‘. Das ist die neue Dreifachsporthalle des BG/BORG Graz Liebenau – genannt BLUE BOX.
Sie ist als additives Modul im Gesamtkomplex der bestehenden Sport- und Schulgebäude zu verstehen, durch ihre starke Image bildende Außenwirkung wirkt die Architektur aber eher als Solitärbaukörper. Entworfen und gestaltet wurde sie von den Hofrichter-Ritter Architekten aus Graz. Um die Höhe des Bauwerkes für die Anrainer und auch die umliegenden Funktionen auf ein verträgliches Maß zu bringen, wurde die teilbare, innen 9 Meter hohe Halle ca. 4 m in die Erde abgesenkt. Die horizontale Zäsur im Sockelbereich in Form eines – in der Nacht – leuchtenden Glasbandes lässt die Baumasse zusätzlich leicht erscheinen.
Die Einheit von Halle und Sportplatz stellt ein wesentliches stadträumliches Gestaltungselement dar. So hat auch die Fassade der Halle die gleich strukturierte blaue Oberfläche wie der Sportplatz mit seinem Gummibelag. Die so erzeugte gestalterische Einheit schafft zum Schulgelände hin ein Vorfeld, das bereits starke assoziative Bezüge zum Sport herstellt. Die Fassade stellte eine gewisse Herausforderung an die Professionisten dar: Sie ist eine der größten, in einer zusammenhängenden Fläche hergestellten, grobkörnigen Spritzputzfassaden Österreichs. Die Oberfläche sollte ähnlich wie die des Sportplatzes (Tartan, Ganulatgrösse ca 3-5mm) sein, um eine außenräumlich homogene Atmosphäre zu erzielen. Dieser Anspruch hatte in der Verarbeitung zur Folge, dass die Gerüstung parallel zum Spritzverfahren mit ab- und umgebaut werden musste, um die sonst auftretenden Arbeitsfugen zu vermeiden. Blau ist in einem solchen Prozess die am schwierigsten zu verarbeitende Farbe. In dem gelenkartigen, das Bestandsgebäude des ‚alten Turnsaales‘ und die neue Halle verbindenden niedrigeren Baukörper, befinden sich die Zugänge und das Foyer mit einem kleinen Buffet und den Nebenräumen. Durch die synergetische Nutzung von bereits bestehenden – und nun sanierten bzw. optimierten – Sanitärräumen im Bereich der ‚alten‘ Turnhalle kann die direkte Anbindung auch für die externe Nutzung in Form von Veranstaltungen funktionstechnisch bewerkstelligt werden. Die Erschließung ermöglicht durch ihre Organisation, dass eine strikte Trennung einerseits zwischen Schulbetrieb und externen Nutzern wie Vereinen und andererseits zwischen Veranstaltungsbesuchern und Spielern gewährleistet ist: Externe Nutzer sowie Veranstalter/Spieler haben den Zugang zur Sporthalle über die Laufbahn im Norden des Geländes und betreten das Gebäude vom neuen nordöstlichen Vorplatz. Damit wird das bestehende Schulgebäude nicht benützt und der Schulbetrieb nicht gestört.
Der Zugang für Veranstaltungsbesucher erfolgt über die zentrale Hauptachse des Schulgeländes und durch den schulseitig gelegenen neuen Haupteingang in das Foyer. Von hier aus sind die Zuschauerplätze auf den Tribünen offen und barrierefrei zugänglich. Schüler und Lehrer gelangen direkt aus dem Bestandsgebäude über das Stiegenhaus nur zu den Umkleiden und Sporthallen. Das Untergeschoss wird ausschließlich von den Sportlern und deren Betreuung genutzt. Über das Stiegenhaus mit Aufzug gelangt man in einen Schmutzgang, der zu den Umkleiden mit Sanitäranlagen, sowie den Haustechnik- und Nebenräumen führt. Eine der drei Garderobeneinheiten mit jeweils zwei Umkleiden ist für die Benützung durch Rollstuhlfahrer ausgelegt und mit einer entsprechenden Dusche ausgestattet. Ein Sanitätsraum und ein barrierefreies WC, das zusätzlich für die allgemeine Benützung durch Schüler bzw. Sportler während des Trainings gedacht ist, ergänzen die Ausstattung. Über den Saubergang gelangen die Sportler aus den Umkleiden in die Sporthalle. Die Sporthalle selbst ist – um Blendungen zu vermeiden –über die Nordseite natürlich belichtet. Zusätzliche Lichtkuppeln am Dach, die der Brandrauchentlüftung dienen, sorgen für eine angenehme Grundbelichtung. Der fixe Tribünenbereich ist für 300 Personen und zusätzlich 6 Rollstuhlplätze konzipiert. Drei ausziehbare Teleskoptribünen ermöglichen die Vergrößerung des Fassungsraums um weitere 264 Personen auf insgesamt 566 Zuschauer. Der Wunsch des Auftraggebers für den Boden der Halle war ein Holzboden! Die Architekten wollten einen blauen Boden – etwas, dass noch nie gemacht wurde. Der Parkettproduzent hat für diesen Sonderwunsch ein eigenes Verfahren entwickelt, das dies ermöglichte. Das Parkett wurde werkseitig versiegelt (UV-Lack-Schichtaufbau) und erhielt einen blauen 2 Komponenten PU-Lack als Deckschicht.
Fotos: Christian Schellander, Karl-Heinz Putz
Kategorie: Projekte