Wohnbau in China – River Heights Residences

6. Juni 2017 Mehr

 

China ist für seine rigide Politik bekannt. Pläne werden durchgezogen, meist ohne Rücksicht auf menschliche Interessen oder Bedürfnisse. Zudem kommt eine oft aufgezwungene  Begeisterungsfähigkeit für diverse neue Techniken, was mitunter zu einer exzessiven Anwendung dieser führt. Weil z.B. energiesparende Straßenbeleuchtungen für gut befunden wurden, werden nun – vom System verordnet – ganze Landstriche mit Energiesparlampen zugepflastert.  Allerdings unterscheidet sich die chinesische Kultur grundlegend von der westlichen, sodass Kritik schwer möglich ist. Es bleibt bei einer Feststellung von Tatsachen.

 

Im Wohnbausektor verhält es sich ganz ähnlich. Ein gutes Beispiel für die Praxis der Planwirtschaft ist „River Heights Residences“. Hier werden in einem Kontext der räumlichen Leere 10.000 Menschen auf 600.000 Quadratmeter Wohnbebauung angesiedelt. Diese Wohntürme, die eine Größenordnung des Rockefeller Centers in New York haben, sind in einem bis dato unentwickelten, suburbanen Vorort der Stadt Taiyuan situiert. Das Projekt besteht aus einer Anordnung von Wohntürmen und verspricht so urbanes Leben. Die Präsenz einer Metropole an einem, ansonsten leeren Ort soll damit illusioniert werden. Diese Bauweise ermöglicht natürlich eine größere Dichte als nachbarschaftliche Projekte. Aber das Bündel von kleinen Türmen ist in Wirklichkeit nur ein einziger großer Turm, der in Grundriss und Höhe gespalten ist, in einzelne Portionen zerteilt. Getoppt werden die Einzeltürme von Dachgärten.

 

 

Die Wohnbauentwicklung nimmt ca. 70% des Neubauvolumens in China ein. Aber neue Wohnungen bleiben für die meisten Menschen unerschwinglich. Die Residenzen im bereits ausverkauften River Heights Komplex liegen preislich nun unter dem Durchschnitt der Wohnungspreise in der Stadt Taiyuan. Diese Leistbarkeit und der höhere Lebensstandard werden durch Dichte und den Verzicht auf jegliche Gestaltung erzielt. In kleinen drei bis vier Zimmereinheiten werden so viele Funktionen wie nur möglich auf engsten Raum gepresst. Die Wohntürme sind generell für ihre billige Qualität berüchtigt. In China verwenden solche Immobilien oft nicht notwendigen Zierrat, um einen Wert vorzutäuschen. Im Gegensatz zu solcher Art von Camouflage wird bei diesem Projekt durch Wiederholung und Rasterfassaden Gleichheit statt Unterscheidung gefördert. Das Ornamentale ist auf einen unbarmherzigen Raster, welcher die Verglasungen, Balkone und Klimaanlagen organisiert, reduziert. Ein Spiel mit Maßstäben und Proportionen wird bewusst vermieden.

Text:  ©Peter Reischer

Fotos:  ©People’s Architecture Office

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Kategorie: Architekturszene