Modernes Stadtlicht
Die LED-Technologie bietet neue Möglichkeiten beim Stadtlicht, ruft aber gleichzeitig Diskussionen bei der Nachrüstung der Straßenbeleuchtung hervor. Für neue stadtgestalterische Projekte ergeben sich interessante Perspektiven, Licht zu integrieren.
Das Energiesparpotenzial von LED-Leuchten ist unbestritten. Man spricht von 60 bis 80 Prozent, welche die neuen auf LED basierenden Modelle im Gegensatz zu herkömmlichen Leuchten weniger an Energie benötigen. Es sind also große Einsparungen bei der Beleuchtung von Städten möglich. Neben der Energieeffizienz und den technischen Voraussetzungen zur Umrüstung einzelner Lichtpunkte kommen bei der Neuausrichtung des Stadtlichts allerdings auch andere Faktoren zum Tragen, die breite Diskussionen hervorrufen. Anrainer und Stadtnutzer bewegen oft die atmosphärischen Fragen, welche die Wahrnehmung der Stadt nachts prägen. Die Diskussion dreht sich dann meist um die Frage, ob man auf atmosphärisches Licht und wärmere Lichtfarben setzen soll oder auf eine bessere Sehleistung bei höheren Farbtemperaturen, die Sichtbarkeit und somit Sicherheit erhöhen. „Prinzipiell ist es so, dass sich mit zunehmender Farbtemperatur in der Straßenbeleuchtung der Helligkeitseindruck und die Sehleistungen verbessern, bei etwa 5000K tritt eine Sättigung ein. Gleichzeitig erhöht sich dabei aber auch die psychologische Blendung“, erläutert Wilfried Pohl, der die Forschung bei der Lichtfirma Bartenbach leitet. Vom emotionalen Eindruck her besteht also eher eine Tendenz zu wärmeren Lichtfarben, diese werden als angenehmer empfunden. Grundsätzlich sind rund 3000K optimal, manchmal auch darunter. Dann nimmt die Sehleistung allerdings drastisch ab. Die Blendung wird dann ebenfalls als nicht so störend empfunden. Ein guter Kompromiss besteht laut Pohl daher bei 4000K. Je nach Umgebung und den daraus resultierenden Notwendigkeiten kann dies etwas darüber oder darunter liegen.
Die Akzeptanz der LED-Beleuchtung durch die Bevölkerung untersuchten Bartenbach research & development und das AIT Austrian Institute of Technology, unterstützt durch die Abteilung „Wien leuchtet“ (MA 33) und gefördert durch das Programm „Mobilität der Zukunft“, dann auch im Forschungsprojekt Urban Light. Bei der Umstellung auf LED in der Stadt Wien standen bei der begleitenden wissenschaftlichen Studie die visuelle Qualität, der visuelle Komfort und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer im Fokus. In einer umfangreichen Feldstudie wurden drei Leuchtentypen (eine Seilhängeleuchte mit Leuchtstoffröhre und zwei LED-Typen) im Straßenraum getestet und von Probanden subjektiv bewertet. Bei der Umrüstung von Seilhängeleuchten auf handelsübliche LED-Beleuchtung sahen die Testpersonen hinsichtlich Helligkeit des Gehwegs, der Erkennbarkeit von Personen und anderen Verkehrsteilnehmern und eine Erhöhung des Sicherheitsgefühls eine Verbesserung. Für die Probanden zeigten sich die LED-Varianten als einladender, sicherer, freundlicher, beruhigender und trotzdem anregender. Aber auch eine geringfügig höhere Blendwirkung der LED-Beleuchtung konnte festgestellt werden. Dies kann man aber technisch in den Griff bekommen, etwa durch eine Vergrößerung der Lichtaustrittsfläche und durch die Verwendung von Blendschutz und Abdeckgläsern. Die Feldversuche ergänzten die Wissenschaftler durch Laboruntersuchungen.
Spannende Ergebnisse gibt es auch, wenn Lichtplaner modernes LED-Licht direkt in neue Projekte integrieren können. So zum Beispiel beim neuen regionalen Omnibusbahnhof in Rosenheim. Bei diesem neuen Umsteigeknoten setzen zwei imposante Flugdächer ein von Weitem sichtbares Zeichen. Die Gestaltung stammt von den Landschaftsarchitekten von terra.nova und von wich.architekten. Für die Planung der innovativen Licht- und Fotovoltaikanlage zeichnet Bartenbach lighting design verantwortlich. Fotovoltaikpaneele sind in die perforierte Hülle der Flugdächer integriert. Knapp über 1 200 Quadratmeter Solarpaneele sorgen nicht nur für eine autarke, nachhaltige und kostengünstige Stromversorgung, sondern spenden untertags auch Schatten. Nachts ist die transparent wirkende Hülle mit energieeffizienter LED-Technik hinterleuchtet und schafft so ein Volumen aus Licht. In den Rändern der Dächer sind Downlights integriert, die die Bussteige exakt und blendfrei mit 3000K ausleuchten. Wenn gewünscht, können die Flugdächer auch in unterschiedlichen Farben in Szene gesetzt werden, da die Lichtfarben RGB sind. Die neuen technischen Möglichkeiten, die LEDs bieten, eröffnen also beim Thema Stadtlicht und Stadtgestaltung eine komplett neue Spielwiese.
Text:©Peter Zöch
Fotos:©Boris Storz
Kategorie: Licht