Ziviltechnikervertrag im Todesfall
Zuweilen kommt es vor, dass der Auftraggeber von Ziviltechnikerleistungen oder der damit beauftragte Ziviltechniker vor der Erfüllung des Ziviltechnikervertrages verstirbt. Welche Rechtsfolgen für den Ziviltechnikervertrag damit verbunden sind, regelt – sofern der Ziviltechnikervertrag dafür keine Regelung vorsieht – das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB).
Im Todesfall des Vertragspartners eines Ziviltechnikervertrages lohnt sich zunächst ein Blick in den Vertragstext des Ziviltechnikervertrages oder die Prüfung, der dem jeweiligen Auftrag zugrunde liegenden Vereinbarung. Ergibt sich daraus nicht, was im Todesfall eines Vertragspartners mit dem Vertrag zu geschehen hat, z. B. dass sämtliche Rechte und Pflichten daraus auf allfällige Rechtsnachfolger des Verstorbenen übergehen, lassen sich die mit diesem Todesfall einhergehenden Rechtsfolgen insbesondere aus § 1171 ABGB ableiten.
Die Rechtsfolgen eines solchen Todesfalls können unterschiedlich sein, je nachdem ob der Auftraggeber oder der Ziviltechniker verstirbt. Der Tod des Auftraggebers hat gemäß § 1171, 2. Satz ABGB grundsätzlich keinen Einfluss auf den Fortbestand des Ziviltechnikervertrages. Die Erben des Auftraggebers bleiben an den Ziviltechnikervertrag gebunden, treten sohin an dessen Stelle in den Ziviltechnikervertrag ein und übernehmen als Gesamtrechtsnachfolger damit sämtliche daraus resultierenden Rechte und Pflichten des Auftraggebers gegenüber dem Ziviltechniker.
Allerdings kann sich aus einem Ziviltechnikervertrag auch die Sonderkonstellation ergeben, dass die beauftragten Leistungen des Ziviltechnikers auf die Person des verstorbenen Auftraggebers so zugeschnitten waren, dass die Herstellung des beauftragten Werkes infolge des Todes des Auftraggebers unmöglich wird. In einem solchen Fall unterbleibt die Ausführung des Werkes und endet sohin der Ziviltechnikervertrag; dies aus Gründen, die der Sphäre des Auftraggebers zuzurechnen sind. Daraus könnte der Ziviltechniker – sofern im Ziviltechnikervertrag nicht rechtswirksam abweichend vereinbart – einen Anspruch auf den für das beauftragte Werk vereinbarten Werklohn nach Maßgabe von § 1168 Abs 1 ABGB gegen die Erben ableiten.
Anderes ist in § 1171, 1. Satz ABGB für den Fall gesetzlich bestimmt, dass der Ziviltechniker vor Herstellung des von ihm bestellten Werkes verstirbt. Diesfalls endet der Ziviltechnikervertrag durch den Tod des Ziviltechnikers nur dann, wenn die Herstellung des Werkes von den besonderen persönlichen Eigenschaften des Ziviltechnikers abhängt oder aus sonstigen Gründen eine persönliche Leistungspflicht des Ziviltechnikers vereinbart worden ist.
Das Gesetz trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Beauftragung eines Ziviltechnikers häufig auf persönliche Eigenschaften des Ziviltechnikers (z. B. besondere Referenzprojekte, besonderes Know-how, etc.) zurückzuführen ist. Oftmals liegt dem Ziviltechnikervertrag auch ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Ziviltechniker zugrunde. Besonders aus Ziviltechnikerverträgen ergibt sich sohin oftmals eine Verpflichtung des Ziviltechnikers zur höchstpersönlichen Leistungserbringung, sei es aus dem beauftragten Werk an sich, sei es aus der Vereinbarung zwischen dem Auftraggeber und dem Ziviltechniker.
Ist einem Ziviltechnikervertrag die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung zu unterstellen, kann dieser im Todesfall des Ziviltechnikers nicht mehr erfüllt werden. Die Leistungserbringung wird unmöglich und der Ziviltechnikervertrag erlischt gemäß § 1171 ABGB. Ansprüche der Erben des Ziviltechnikers gemäß § 1168 Abs 1 ABGB lassen sich aus diesem Umstand nicht ableiten, weil das Werk aus Gründen unterbleibt, die der Sphäre des Ziviltechnikers zuzuordnen sind. Die Erben des Ziviltechnikers haben gemäß § 1171 ABGB bestenfalls einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung des vorliegenden Arbeitsergebnisses des Ziviltechnikers, bzw. der vom Ziviltechniker geleisteten Arbeit.
Ist dem Ziviltechnikervertrag die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung nicht zu unterstellen, wird der Ziviltechnikervertrag durch den Tod des Ziviltechnikers hingegen nicht beendet. Das bestellte Werk kann diesfalls vielmehr von den hierzu befugten Mitarbeitern des Ziviltechnikers, einem befugten Rechtsnachfolger des Ziviltechnikerunternehmens oder einem allfälligen ARGE-Partner des Ziviltechnikers fertiggestellt werden. Dies gilt insbesondere, wenn der Ziviltechnikervertrag mit einem Ziviltechnikerunternehmen, also einer Bürostruktur (z. B. in der Rechtsform einer Personengesellschaft), und nicht mit einem bestimmten Ziviltechniker als Gesellschafter der Bürostruktur persönlich abgeschlossen wurde.
Isoliert davon zu betrachten ist auch die Beauftragung einer Ziviltechnikergesellschaft in der Rechtsform einer Ziviltechniker-GmbH, die eine von dem jeweils für diese agierenden Ziviltechniker-Gesellschafter unabhängige, eigenständige Rechtsperson ist. Stirbt sohin ein an einer Ziviltechniker-GmbH beteiligter Gesellschafter, bleibt der mit der Ziviltechniker-GmbH abgeschlossene Ziviltechnikervertrag mangels abweichender Vereinbarung davon unberührt, selbst wenn der Ziviltechnikervertrag gerade wegen des verstorbenen Gesellschafters zustande gekommen ist.
Die obigen Ausführungen gelten gemäß § 1022 f ABGB sinngemäß auch für den Fall, dass der jeweilige Ziviltechnikervertrag Elemente eines Bevollmächtigungsvertrages enthält, wie dies z. B. bei Übernahme von Leistungen der örtlichen Bauaufsicht, der Projektsteuerung und/oder der Bauherrenvertretung (sei es gegenüber Behörden, sei es gegenüber das Bauvorhaben ausführenden Unternehmen) durch einen Ziviltechniker in der Regel der Fall ist.
Ergibt sich aus dem Bevollmächtigungsvertrag die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung (z. B. wenn ein konkreter Ziviltechniker beauftragt wird), wird der Bevollmächtigungsvertrag durch den Tod des Ziviltechnikers beendet (§ 1022 ABGB), sofern darin nichts Anderes vereinbart ist. Der Tod des Auftraggebers hat diesfalls die gleiche Rechtsfolge, es sei denn dass der Auftraggeber die Bevollmächtigung des Ziviltechnikers über seinen Tod hinaus bestimmt hat. Wenn die bereits angefangene Geschäftsbesorgung durch den Ziviltechniker ohne offenbaren Nachteil für die Erben des Auftraggebers nicht unterbrochen werden kann, ist der Ziviltechniker unabhängig davon jedoch verpflichtet, die Geschäftsbesorgung solange fortzuführen, bis durch die Beendigung der Geschäftsbesorgung keine Nachteile mehr zu erwarten sind. Für den Fall der Bevollmächtigung eines Ziviltechnikerunternehmens (z. B. auch in der Rechtsform einer Ziviltechniker-GmbH) berührt der Tod des Ziviltechnikers den Fortbestand des Bevollmächtigungsvertrages grundsätzlich nicht, sofern darin nicht Abweichendes geregelt ist.
Um sohin Schwierigkeiten bei der nachträglichen Auslegung des Ziviltechnikervertrages dahin gehend, welche Rechtsfolgen der Tod einer Vertragspartei auf den Fortbestand und die Fortführung des Ziviltechnikervertrages hat, zu vermeiden, ist es empfehlenswert, bei der Verfassung eines Ziviltechnikervertrages besonderes Augenmerk darauf zu legen, die Rechtsfolgen des Todes einer Partei im Ziviltechnikervertrag und/oder in einer allenfalls zusätzlich errichteten Vollmacht ausdrücklich zu bestimmen.
Text: Mag. Matthias Nödl, Rechtsanwalt
Kategorie: Bau & Recht, Kolumnen, News