Das Neudenken von Architektur – Paris
Theo van Doesburg schrieb 1924 in seinem Manifest „Auf dem Weg zu einer plastischen Architektur“: Die neue Architektur ist elementar, das heißt, sie entwickelt sich aus den Elementen des Bauens im weitesten Sinn. Diese Elemente – wie Funktion, Masse, Fläche, Zeit Raum, Licht, Farbe, Material usw. – sind plastisch. Van Doesburg ging es um die Zerlegung des umbauten Raumes mit dem Ziel der Aufhebung von Innen und Außen.
Ganz in diesem Sinne ist das Layout und Design des neuen Shops in Les Champs-Elysées, Paris zu verstehen. Die in Paris ansässige Firma Homecore erschuf vor über 25 Jahren das erste Streetwear-Label in Frankreich. Nun hat sie das Studio Malka Architecture beauftragt, ihren neuen Retailstore zu designen. Das Projekt ist von dem legendären Logo der Krylon-Spraydosen und dem Farbtherapiekonzept Homecore‘s beeinflusst und eine Mischung aus Graffiti, einer Liebeserklärung an die „Friede, Liebe, Spaß-Bewegung“, eben ein fundamentales Bekenntnis zu der damaligen Kultur.
Sieben Bögen bilden die Fassade; sie sind der Beginn einer chromatischen Entwicklung, welche den Shop durchläuft, wie projizierte, färbige Schatten eben dieser Bögen. Die Öffnungen der Fassade scheinen Newton‘sche Prismen zu sein, die das Licht in die Spektralfarben aufspalten. Das Innere wird selbst zu einem chromatischen Raum, eine physische Materialisation des Farbkreises. Hier vermischen und addieren sich die einzelnen Farben und schaffen so eine Relation zwischen den Verkaufsbereichen. Die Überschneidungen der Farben verursachen neue, additive Farben, das ganze Projekt ist eine dreidimensionale Präsentation des Farbkreises und gibt dem immateriellen Farbraum eine begreifbare Struktur, wie zum Angreifen. Die Innenarchitektur erlaubt der Farbe, einen organischen Anschein in ihrer Beziehung zu Raum und Zeit zu entfalten. Van Doesburg hätte sicher seine Freude daran.
Fotos:©Laurent Clement
Kategorie: RETAILarchitektur