Klubhaus St. Pauli in Hamburg
Transparente Medienfassade.
Beim Klubhaus St. Pauli in Hamburg ergänzen sich Architektur und Bewegtbild zu einem Ganzen. Die gesamte Gebäudehülle kann vielfältig bespielt werden. Blicke nach draußen sind trotzdem möglich.
Medienfassaden prägen zunehmend den Stadtraum. An Orten wie dem Times Square in New York, Piccadilly Circus in London oder der Reeperbahn in Hamburg dominierte immer schon viel Licht. Aber wo es früher nur leuchtete und blinkte, bieten Medienfassaden heute völlig neue Möglichkeiten. Wurden früher Screens mehr oder weniger auf die Fassade appliziert, bestehen innovative Projekte aus einer Symbiose von Gebäude und Mediengestaltung.
Ein spannendes Objekt in diesem Kontext ist das Klubhaus St. Pauli am Hamburger Spielbudenplatz, ein Neubau für Musikklubs, Büroflächen, Gastronomie sowie Live-Event-Locations. Der Entwurf für das sechsstöckige Gebäude zeichnet sich durch eine Kombination von Architektur und Medieninstallation, in der Bewegtbild und Baustruktur gleichwertige Bestandteile sind, aus. Einzigartig ist auch die Transparenz der Fassade. Außerdem wurden künstlerische Videoanimationen, sogenannte Core Visuals, maßgeschneidert für die Architektur und Baustruktur, den Ort und die Nutzung entwickelt. „Das Klubhaus am Spielbudenplatz auf St. Pauli ist mehr als nur eine Herberge für diverse Livemusik-Klubs und seine Medienfassade ist mehr als nur die Gebäudehülle. Sie ist ein integraler Bestandteil des bunten Treibens auf und an der Reeperbahn. Hier setzt die Architektur nicht nur den Rahmen des Lebens, sie reflektiert buchstäblich das Leben im Haus und auf seinem Vorfeld – dem Platz …“, urteilte die Jury des BDA Hamburg Architektur Preises 2016, bei dem das Klubhaus mit einem 2. Preis ausgezeichnet wurde. Einen 1. Preis erhielt das Projekt bei der Medien-Architektur-Biennale 2016 in Sydney. Das Gebäude mit rund 5.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche entstand nach Plänen von akyol kamps : bbp architekten, die bereits in der Entwurfsphase eng mit dem Bremer Kreativunternehmen Urbanscreen zusammenarbeiteten. Das Team entwickelte Baustruktur und Medieninstallation parallel. Bartenbach lighting design zeichnet für die Konstruktionsprinzipien der Fassade und die Grundlagen für die technische Realisierung verantwortlich. Umgesetzt wurde die Medienfassade außerdem in Zusammenarbeit mit der Multivision LED-Systeme GmbH, der Onlyglass GmbH und den Medientechnikern von Intermediate Engineering.
Die Medienfassade nimmt eine Fläche von rund 700 Quadratmetern ein. Das integrierte System aus Architektur und Bewegtbild bricht völlig mit dem herkömmlichen Bildschirmformat. Die Fassade besteht aus einzelnen, in Gold beschichteten und in der Tiefe versetzten Metallrahmen. Trotz der spektakulären Außeninszenierung ermöglicht die feingliedrige Konstruktion Blicke nach draußen, auch bei laufendem Betrieb. Sowohl klassische Architekturbeleuchtung als auch hochauflösende LED-Meshes sorgen für die bewegten Bilder.
Die Fassade besteht aus drei verschiedenen Medienmodulen: 177 Quadratmeter hochauflösendes Mediamesh, 265 Quadratmeter RGB-Flächen sowie 50 Quadratmeter hochauflösende transparente Glas-Displays im außen liegenden Fahrstuhl ergeben zusammen mit bewusst unbespielten Flächen ein Gesamtbild. Eine große Herausforderung stellte die optimale Verteilung des Farblichts dar, um eine homogene Ausleuchtung der einzelnen Felder zu erzielen. Dafür wurde eine spezielle, von Bartenbach entwickelte Linse mit einer exakten Lichtlenkung verwendet, die wiederum eine ganz bestimmte LED-Type bedingt.
Die Fassaden-Prinzipien vermeiden auch Lichtverschmutzung und Blendung. Der Fassadenquerschnitt verhindert, dass Licht direkt über der Horizontalen zum Himmel abstrahlt. Es ist nur zum Straßenraum hin sichtbar. Der Querschnitt bewirkt zudem eine blendfreie Tageslichtumlenkung in die dahinterliegenden Büros.
Zuschauer können aktiv beeinflussen, was auf der Fassade gezeigt wird. Die Fahraktivitäten des Lifts werden jeweils mit unterschiedlichen Video-Szenarien untermalt. Die Medienfassade ermöglicht auch die Liveübertragung aktueller Ereignisse wie Konzerte oder Sportevents. Der mit der Stadt Hamburg abgestimmte Bespielungsmix dient zur Finanzierung. Ein Drittel steht für Kunst und Kultur zur Verfügung. Ein Drittel ist für kommerzielle Inhalte von Premium-Werbepartnern reserviert, die eigens für die Fassade entwickelte Werbeinhalte zeigen. Das letzte Drittel nutzen die im Haus befindlichen Kunst- und Kulturbetriebe zur Eigenwerbung.
Text: Peter Zöch, Bartenbach lighting design
Fotos: ©Bartenbach GmbH; Thorsten Bauer, Urbanscreen
Kategorie: News