Stairway to Nowhere

6. März 2015 Mehr

 

Vom 18. Dezember 2014 bis 23. Februar  2015 fand im AZW (Architekturzentrum Wien) eine Personalausstellung von Architekt Isay Weinfeld statt. Seine Arbeiten sind in Europa nicht sehr bekannt und die Gründe für diesen Event liegen in den Verquickungen von Politik, Investoreninteressen und Stadtplanung verborgen. 

 

 

Isay Weinfeld ist sicherlich ein guter Architekt, auch, wenn das in der Show im AZW nicht so recht zur Geltung kommen will. Das mag daran liegen, dass die gezeigten Projekte und Arbeiten zu vielfältig, aus zu vielen verschiedenen Genres stammen: Türgriffe, Stühle für McDonalds, Hotels, ein kleiner Barschrank, Einfamilienhäuser, Filmproduktionen, ein Sarg und eine Wiege – bedeutungsschwanger illuminiert, Luxusdomizile für die brasilianischen Millionäre, Stiegenmodelle, Innenräume und eine Vitrine mit Abfall aus der Modellbauabteilung. All das hinterlässt nicht gerade den Eindruck einer gewollten oder gezielten Information. Eher den eines Messestandes oder eines Werbeprospektes über das architektonische Schaffen eines Architekten. Doch dann steht noch direkt im Eingangsbereich der Ausstellungshalle das Modell des, gerade in Diskussion stehenden, Projektes für den Hochhausturm am Gelände des Wiener Eislaufvereins. Spätestens in diesem Augenblick wird die Absicht klar: Es geht um Investoreninteressen und um viel Geld und das AZW wird als Bühne benutzt. Wieso lässt es sich das gefallen? Wieso verteidigt Direktor Steiner die „hehren“ Absichten mit Händen und Füßen? Wer hat ein Interesse an dieser Ausstellung?

Ja, Weinfeld hat den Wettbewerb für das Projekt am Heumarkt mit seinem wenig eleganten, der internationalen Unverbindlichkeit eines Peek & Cloppenburg huldigenden, 72 Meter hohen Appartementturm gewonnen. Die Prozessualität des ganzen Vorganges sowie die Hintergründe in der Stadtplanung von Wien und ihre Absichten sind absolut fragwürdig. Schließlich fällt als Zubrot für die Gemeinde Wien, wenn sie – wie vom Investor gewollt – ihm rund 1.000 möffentliches Gut (Lothringerstraße) „schenkt“, ein kostenloser (unterirdischer) Turnsaal für das Akademische Gymnasium vis-à-vis  ab. Wenn man nun weiß, dass die Ausstellung im AZW vom Grundeigner und Investor Wertinvest gesponsert wird, dann riecht das zumindest, wenn es nicht sogar stinkt. Schließlich verspricht der Bau dieses Hochhausturmes mit ca. 4.000 m2 zusätzlicher Nutzfläche im Luxussegment für den Investor eine ordentliche Gewinnspanne. Und das ist ja offensichtlich „legitim“, denn in unserer von Profitmaximierung getriebenen Welt denkt schließlich jeder zuerst an sich. Dann an die anderen, die Bürger etwa, oder gar an größere Interessen auf einer Metaebene wie zum Beispiel die Zerstörung eines historischen Stadtbildes oder der Verlust des Unesco Weltkulturerbes? Geld stinkt nicht, oder doch?

Wenn wir ehrlich sind, so sollte dieses Projekt doch nicht der Mittelpunkt oder Schwerpunkt einer Ausstellung über den Architekten Isay Weinfeld sein. Warum hat man dann von der Kuratorseite her, nicht großzügig auf dieses Modell, das so offensichtlich – zum Darüberstolpern – platziert wurde, verzichtet? Schreitet man völlig vorurteilsfrei durch die Ausstellung, fällt eine Wand mit einem Werksverzeichnis des Architekten auf. Eine Liste von 68 Projekten ist da zu sehen, die Projekte sind auf einem weißen Blatt Papier penibel aufgelistet. Alleine 50 davon sind Bauten für die wohlhabendste Schicht der Bevölkerung in Brasilien, Einfamilienhäuser mit Pools sowie Hotels und Shops ebenda und Hotels in Belgrad/Serbien. Um die Qualität der einzelnen Bauten korrekt zu beurteilen, müsste man sie sehen und studieren, das lässt sich aus den eher mickrigen Farbfotos und den aufliegenden Projektmappen nicht ablesen.

Auf jeden Fall sind in diesen Projekten keine Spuren irgendwelcher sozialer Ansätze oder Gedanken zu aktuellen urbanistischen Problemen der Welt zu entdecken. Auffallend ist auch, dass in allen zurzeit in diversen Medien abgedruckten Interviews mit dem Architekten (und derer gibt es merkwürdig viele), immer die gleichen Aussagen stereotyp zitiert werden: Er betont darin seine „hervorragende Fähigkeit zuzuhören“. Hat er vielleicht selbst nichts zu sagen? Es gilt auch hier die Unschuldsvermutung – mag sein, dass die Show ein Schnellschuss der Verantwortlichen ist (wie lange muss man eigentlich warten, um im AZW eine Personalausstellung zu bekommen?), mag sein, dass es wichtig ist, Wien über die Architektur für brasilianische Millionäre zu informieren, mag sein, dass es in unserem führenden Architekturforum wichtig ist, einen Sargentwurf mit einer Wiege zu vergleichen. Aber ein Bild, besser gesagt ein Objekt der Ausstellung zeigt symbolhaft den Charakter dieser Show: Es ist eine schlitzförmige Nische in der Saalwand mit Stiegenentwürfen des Architekten: Eine Freitreppe, Wendeltreppen, eine freitragende Stiege etc. – und sie alle führen ins Nichts. (rp)

 Text und Fotos: Peter Reischer

 

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Kategorie: Kolumnen, Start