Beton und Zementrückblick 2018

21. Dezember 2018 Mehr

Die dehnbare Brücke

Vor allem längere Brücken haben an ihrem Anfang und am Ende eine sogenannte „Dehnfuge“, die man mit dem Auto bei hoher Geschwindigkeit als Rumpeln wahrnimmt.

Der Grund dafür sind die Längenschwankungen und Verformungen des Materials durch Temperaturunterschiede. Diese Fugen müssen gewartet werden und sind für ca. 20% der Instandhaltungskosten von Brücken verantwortlich. An der TU Wien wurde daher eine Brückenvariante entwickelt, bei der auf diese Dehnfugen verzichtet wird. Die Technik wurde von der ASFINAG beim Bau der Satzengrabenbrücke an der Nordautobahn erstmals eingesetzt. Nun hat die dehnfugenlose Brücke ihren ersten Winter überstanden. Die Messergebnisse zeigen, dass die neue Technik bestens funktioniert.
Statt die Verformung in einzelnen Fugen am Anfang und am Ende der Brücke aufzunehmen, verteilt man die Verformung auf einen größeren Bereich. 20 bis 30 Betonelemente werden hintereinander aufgereiht und mit Seilen aus einem speziellen Glasfaser-Werkstoff miteinander verbunden. Die Konstruktion ähnelt einer Kette von Perlen, die auf einem Gummiband aufgefädelt sind: Wenn daran gezogen wird, erhöht sich der Abstand zwischen allen Perlen gleichmäßig im selben Ausmaß. Wenn sich die Brücke im Winter verkürzt, entstehen zwischen benachbarten Betonelementen kleine Spalten – allerdings nur im Millimeterbereich, sodass diese keine Gefahr für die Asphaltfahrbahn darstellen.

 

Bruecke Beton

Foto:©TU Wien

 

 

Betonpurismus

Japanische Architekten neigen zu Minimalismus und Purismus, das ist bekannt. Beton als Baumaterial kommt diesen Auffassungen entgegen. Einen Betonpurismus in reinster Prägung errichteten die Sasaki Architecture + Atelier O in einem Bezirk von Tokyo, der ganz in der Nähe des Gokokuji Tempels liegt.

Um eine direkte Sichtverbindung zwischen dem Appartementhaus und den Einfamilienhäusern, welche auf der anderen Seite der engen Straße liegen, zu vermeiden, haben die Planer die Fenster leicht aus der Mitte der Öffnungsachse versetzt. So wird einerseits die Schwere des Betons vermindert und ein spielerisches Element tritt in der Fassade auf. Andererseits fördert diese Positionierung eine bessere Durchlüftung, da so etwas wie ein Windtrichter entsteht.
Von innen gesehen erscheinen die Fenster eher groß, von außen betrachtet verkleinert der abgeschrägte Betonrahmen den Eindruck. Einige der Abschrägungen sind mit galvanisierten Stahlplatten verkleidet – als Pendant dazu befindet sich dann an der Innenseite ein Holzrahmen, der auf die ursprüngliche Größe (ohne die Abflachungen) der Öffnung hinweist: Ein interessantes Spiel zwischen innen und außen, welches eine lose Verbindung herstellt.

Der Betonpurismus spielt auch im Innenbereich weiter seine Rolle: Alle Wohneinheiten haben weiße Sichtbetonwände, alle nicht notwendigen Elemente und Details wurden vermieden. Das minimalistische Design sucht nach der einfachst möglichen Form für ein Wohngebäude. Es soll einen Lifestyle ermöglichen, der unbelastet von allen materiellen Besitztümern und Belangen ist. Die Architekten wollen damit eine freiere, unbelastete Lebensweise für die Bewohner ermöglichen. Zum Beispiel ist der Abstellraum nur von einer frei stehenden Wand begrenzt und kann so auch zu einem kleinen Büro werden, während die großzügige Arbeitsplatte aus Beton in der Küche auch als Schreibtisch genutzt werden kann. Die Fenster und die hölzernen, rahmenartigen Regale in den Wohnungen machen reichlich Gebrauch von der Form des Quadrates, denn wenn man sich einmal von der Diktion senkrechter oder waagrechter Fenster befreit hat, ist das Quadrat die einfachste und reinste Form für solche Öffnungen.

 

Fotos: Bauhaus Neo

 

 

Betonprutalismus

In den letzten Jahrzehnten galten sie als verpönt – doch nun feiern die massiven Nachkriegsbauten aus Beton in der Architekturszene scheinbar ein Comeback. Durch ihre Fotogenität erleben die zum Teil sehr eindrucksvollen Bauten vor allem auf sozialen Netzwerken eine regelrechte Wiedergeburt. Aber nicht überall stößt dieser neue Trend auf Anklang. Kritiker befürchten, dass die steigende Beliebtheit brutalistischer Architektur einen negativen Einfluss auf den Baustil der Zukunft haben könnte.

Obwohl die klotzig anmutenden Bauten etwas anderes vermuten lassen, entsprang der Name für die Strömung etwa nicht dem Wort „Brutalität“, sondern der französischen Bezeichnung für rohen Beton, dem so genannten „beton brut“. Charakteristisch für den Baustil sind nämlich unbearbeitete Betonfassaden mit klaren geometrischen Formen, die den Gebäuden ihr raues und sogar kompromissloses Erscheinungsbild verleihen. Mit der bisweilen als brutal bezeichneten Ästhetik sollte „eine geistige Befreiung erlebt und zum Sehen gebracht“ werden. Berühmte Beispiele jenes Baustils sind unter anderem „Die Kirche zur Heilig­sten Dreifaltigkeit“ in Wien-Mauer von Fritz Wotruba, die Versöhnungskirche in Dachau von Helmut Striffler sowie der Belgrader Genex-Turm aus der Hand des Architekten Mihajlo Mitrović. Unter dem Einfluss dieser Stilrichtung entstanden aber nicht nur einzelne Bauwerke, sondern auch ganze Bildungskomplexe und Wohnsiedlungen. Zu erwähnen ist hier insbesondere die Siedlung Thalmatt, die im Nordwesten der Schweizer Hauptstadt Bern liegt.

 

Belgrad

©Blazej Pindor

 

Hat der Beton seinen Reiz verloren?
Bereits seit einigen Jahrzehnten sind die sogenannte Nachkriegsmoderne und der daraus entsprungene Brutalismus ein Schwerpunkt der baugeschichtlichen Forschung. Während heute immer öfter die positiven Seiten des Baustils beleuchtet werden, genießen viele der Betonbauten noch immer einen schlechten Ruf. Nicht selten wird der Brutalismus der 1960er- und 1970er-Jahre von Architekturkritikern als Dystopie bezeichnet. Immerhin sehen sowohl einige Experten als auch Laien in den daraus entstandenen Bauten nur brutale Betonmonster; einen Störfaktor im Ortsbild. Farblos, baufällig und menschenfeindlich – mit diesen Adjektiven werden also etliche Gebäude aus der Epoche des Brutalismus beschrieben. Hinzu kommt, dass der auf den ersten Blick farblose Stil auch heute noch mit Plattenbausiedlungen und verschlafenen Satellitenstädten am Rande von Metropolen in Verbindung gebracht wird. Unter diesem Gesichtspunkt wundert es wenig, dass vielen Bauwerken der Nachkriegszeit auch heute noch der Abriss droht.

Brutalismus als Gesellschaftskritik
Einen integrativen Faktor spielte der Brutalismus in den 1960er- und 1970er-Jahren. Durch die damals wachsende internationale Tendenz in Richtung einer Urbanität durch Dichte und der gleichzeitigen Abkehr von der funktionellen Stadt, hatten die massiven Bauten einen hohen Stellenwert. Da im Rahmen dieses Stils langfristige Tendenzen der heutigen Architektur erstmals erprobt wurden, spielt der Brutalismus auch heute eine wichtige historische Rolle.
Interessant ist, dass der nüchterne Stil der modernen Architektur eigentlich als Reaktion auf eine gesellschaftskritische Strömung entstand, die sich dem Dienst des Allgemeinwohls verpflichtet fühlte. Die auf den ersten Blick scheinbar nüchterne Idee entspringt einer Generation, die im rohen Beton eine Ästhetik der „Wahrhaftigkeit“ sieht und sich in dem Baustil auch ethisch wiederfindet. Die Ethik selbst bezieht sich dabei auf die Rolle des gebauten Raumes im Leben der Stadtbewohner – ein pompöser Baustil sollte der Funktionalität und dem Minimalismus weichen. Eine offenere Form des Bauens sollte zudem einen Gegenzug zur hierarchischen Architektur des Faschismus darstellen. Verbreitung fand diese Strömung innerhalb Europas ab den 1950er-Jahren, wobei sie bis in die 1980er-Jahre präsent blieb – so finden sich heute auf der ganzen Welt die massiven Bauwerke mit ihren charakteristischen Fassaden aus Beton.

Einen Namen machten sich in puncto Brutalismus und dem verwandten Strukturalismus vor allem Architekten aus dem ehemaligen Zusammenschluss Team10 – zu erwähnen sind hier unter anderem Peter und Alison Smithson, die mit Bauten zwischen 1953 und 1981 neue Raumstrukturen entwickeln wollten. Eine geschichts- und schnörkellose Bauweise, die sich von der Bourgeoisie distanzierte und gleichzeitig eine Repräsentation des ideologiefreien Wohlfahrtsstaats darstellte, sollte das Ziel sein. So wurden während der Nachkriegszeit zahlreiche öffentliche Gebäude und auch einige Stadtteile in jenem Stil errichtet.

Ernsthaft in Kritik gerieten die Betonkonstrukte erstmals in den 1990er-Jahren. Während dem Brutalismus zwar ein gut gemeinter Grundgedanke zugrunde lag, widersprachen viele der Bauwerke aber menschlichen und ästhetischen Bedürfnissen. Als problematisch erwiesen sich die Gebäude mit ihren charakteristischen Betonfassaden vor allem dort, wo sie in hoher Zahl und verdichteter Bauweise zum Einsatz kamen. Hinzu kam, dass die Bauten des Brutalismus durch die verstärkte Schmutzanfälligkeit von Beton ungepflegt und verfallen wirkten. Der Zahn der Zeit nagte also vergleichsweise stark an den Gebäuden, was den Konstruktionen recht bald ihren heutigen Ruf als Bausünde einbrachte.

 

Thalmatt

©Ginkgo2g

 

Ästhetik der Funktionalität
„Es gibt nichts, was diesen Baustil höflich oder niedlich macht. Er ist, was er ist.“ Dieses Zitat der Architektin Zaha Hadid beschreibt das Kernelement des Brutalismus. Die Architekturkritikerin verteidigte die Gebäude unter dem Gesichtspunkt, dass diese in erster Linie durch ihre Funktionalität im Alltag und nicht durch die ansehnliche Gestaltung ihrer Fassade überzeugen sollten. Umso ironischer ist es, dass viele Bauwerke der Nachkriegsmoderne gerade wegen ihrer Ästhetik wieder vermehrt in den Fokus der Bevölkerung rücken. Grund hierfür ist deren Fotogenität. Diesem Trend entsprang letzten Endes die Aktion #SOSBrutalismus, eine Rettungskampagne, welche viele der derzeit noch existierenden Betongebäude der Nachkriegszeit vor dem Abriss bewahren will. Ein Vorhaben, das durch eine Neubewertung des Baustils Früchte tragen könnte. Jedoch müssten viele Bauten hierfür renoviert, an die Bedürfnisse des heutigen Urbanismus angepasst und gegebenenfalls einer neuen Nutzung zugeführt werden – ein Unterfangen, das sowohl Städten als auch ihren Bewohnern Zeit und Geduld abverlangen würde.

Natürlich darf auch Kritik an den Bauwerken nicht zur Gänze ignoriert werden. Die aktuell steigende Beliebtheit der vermeintlichen Betonklötze wäre dann problematisch, wenn diese stadtpolitische Folgen nach sich ziehen würde. Beim Brutalismus mangelt es oft an Grünraum und einer dem Menschen zugewandten Bauweise. Vereinzelt können die Bauwerke dem Ortsbild durchaus Charakter und Individualität verleihen sowie ein Fundament für Stadterneuerungsprojekte darstellen – als Baustil für die Massen ist die nüchterne Architektur mit dem Rohbeton nicht geeignet.

Dem Thema Brutalismus und einer architektonischen Neubewertung der Bauten widmet sich seit 09. November 2017 die Ausstellung des Deutschen Architekturmuseums „SOS Brutalismus – Rettet die Betonmonster“. Im Zuge der Exhibition können Besucher einen neuen Eindruck von den berühmtesten Bauwerken der Nachkriegsmoderne, die in Betongüssen und großen Modellen nachgebaut wurden, gewinnen. Die Ausstellung ist noch bis 02. April 2018 in Frankfurt zu besuchen. Das Architekturzentrum Wien widmet dem Brutalismus ab 02. Mai 2018 eine Ausstellung.

 

Wotrubakirche

©Holger Ellgaard

Text:©Dolores Stuttner

 

 

Wohnen in Beton – Valverde

Haus R / Valverde / 35A Studio

 

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Ein Haus zum Wohnen, das eigentlich ein Designobjekt ist, hat das 35A Studio für ein junges Paar in der Provinz di Pavia in Italien entworfen. Wenn man die heutige Ausprägung eines Brutalismus der Nachkriegsbauten liebt – ein Stück Architektur. Wenn man wohnen möchte – eher ungeeignet.

 

In der Provinz di Pavia in Italien steht ein Wohnhaus, komplett aus Beton mit coolem italienischen Design, in dem man eigentlich nicht wohnen kann. Alles, aber auch die kleinste Ecke ist aus Beton, Sichtbeton natürlich. Einige in Betonnischen eingelassene Holzflächen – hinter denen sich Schränke oder Stauräume verstecken – versuchen verzweifelt, eine gewisse Wärme oder Gemütlichkeit zu simulieren. Allein es will nicht so recht gelingen. Dazu trägt auch die an einem Kabel aus der Betondecke hängende Designglühbirne bei. Zu hart, zu perfekt, zu grau und an einen Bunker erinnernd sind die Innenräume. Und weil es so perfekt aus Beton designt ist, hat es auch den „German Design Award 2018“ gewonnen und eine lobende Erwähnung beim „architecture prize“ in Amerika erhalten.

Dabei ist die Oltre Po Pavese Region, nur 20 Kilometer von Pavia entfernt, mit ihren kleinen Dörfern, Schlösschen, Wäldern und einer blühenden Natur geradezu ein Paradies fürs Auge. Hier liegt in einem 315-Einwohner-Dörfchen dieses Eigenheim für ein junges Paar aus Mailand. Auf einem leicht geneigten Grundstück von 3.000 m2 steht es exakt auf dem Platz einer alten, aus Steinen gemauerten Scheune. Sie wurde abgerissen, um Platz für den Neubau zu schaffen. Das Eigenheim ist, wie schon gesagt, komplett aus Stahlbeton, in einem Monoblocksystem erbaut. Das heißt, alle Teile, Brüstungen, Stiegen, Zwischenwände, Decken, Außenwände sind miteinander zu einer Einheit, zu einem einzigen Block verbunden. Es steht ohne Keller auf der Erde mit einem offenen, mit weißem Kies bedeckten Bereich (den kein Grashalm stört) an der Vorderseite, um von hier aus die Natur und die Umgebung während des Sommers genießen zu können.

Konzipiert ist dieses, als Feriendomizil gedachte Haus als offener Raum mit zwei angedeuteten Ebenen in einem ein- bis zweigeschossigen Volumen. Sein Charakteristikum sind der Loftcharakter und die 45 Grad-Drehung seiner (traditionellen) Dachflächen. Daraus ergeben sich vier identische, stereometrische Trapezoidschnitte.

Die Aufteilung der Funktionen im Inneren ist dann eher einfach, wie folgt: Auf der Erdgeschossebene findet man den Wohn- und Essbereich, zugänglich vom Garten her durch große Schiebetüren aus Glas. Natürlich ist er auch von der ebenfalls verglasten Hauseingangstüre aus erreichbar. Der Bereich auf dieser Ebene gliedert sich in einen zweigeschossigen Wohnraum und den Essplatz, der eingeschossig unter der Mezzaninebene platziert ist. Ebenso gibt es den offenen Küchenbereich mit einer Arbeitsplatte aus Beton und zwei Türen aus Ahornholz. Ein kleines Bad, auch komplett aus Beton (sehr gemütlich) und grünen Zementfliesen am Boden versorgt Erdgeschoss und Obergeschoss.

Eine schmale Betonstiege, beginnend im Wohnbereich und zwischen zwei Betonwänden eingeklemmt, bietet den Zugang zu den Schlafstellen im Obergeschoss. Hier sind zwei komplett offene Schlafzimmer, von denen aus man den darunter liegenden Wohnbereich überblicken kann. Von den Schlafzimmern aus bietet sich durch große Fenster der Ausblick in die Landschaft. Die Beziehung zur Natur wird über die Holzfenster (ohne jegliche Unterteilung) hergestellt. Einige lassen sich öffnen und andere sind fix verglast. Zusammen bringen sie genug Naturlicht ins Innere der Architektur und auch genügend Ausblicke in die Natur. Ihre Anordnung an der Fassade entspricht jedoch nicht funktionalen oder ästhetischen Kriterien, sondern rein den besten Blickpunkten nach außen.

 

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Das Innere ist von einem coolen Design und Beton, wohin man auch blickt, gekennzeichnet.

 

Der verwendete Stahlbeton trägt dazu bei, jegliche strukturellen Elemente im Inneren zu eliminieren und die Baukosten zu reduzieren. Er wurde mit ganz normalen Schaltafeln verarbeitet und blieb innen sichtbar. Die Materialität des Betons und die der wenigen Holzelemente (in der Küche, bei den Türen und Fenstern), die Sterilität des Bodens aus Beton mit Quarzsand veredelt und poliert, die rauen Oberflächen der Wände und Decken – all das soll (und tut es auch) die architektonische Arbeit und Qualität betonen. Das ist Wohnen in einem Designobjekt.

Die Behandlung der Außenfassaden folgt in ihrer Ideologie den Innenräumen und führt zu einer Kontinuität des Raumgefüges. Ein dunkelgrauer, grobkörniger, Hitze reflektierender, mit der Spachtel verarbeiteter Thermoputz bedeckt die Wände. Auch die 45 Grad gefalteten Dachflächen sind mit einem billigen Material, welches üblicherweise bei Industriebauten verwendet wird, bedeckt. So wird die brutalistisch-puristische Sprache des ganzen Projekts bis ins kleinste Detail durchgezogen.

 

Haus R
Valverde, Italien

Bauherr: privat
Planung: 35A Studio, Andrea Carmignola, Janko Mauri
Statik: Polistudio srl

Grundstücksfläche: 3.000 m2
Bebaute Fläche: 120 m2
Planungsbeginn: 2014
Bauzeit: 2 Jahre
Fertigstellung: 2016
Baukosten: 180.000 Euro

 

Plan Grundriss Valverde

 

Fotos: ©Andrea Carmignola, Maddalena Merlo

Text: ©Peter Reischer

 

 

Nordische Architektur – ein WC-Würfel aus Beton

Das kann nur einem nordischen Architekten einfallen, eine WC-Anlage auf einem touristischen Parkplatz in 1.200 Meter Seehöhe auf einem Pass in Form eines halb in der Erde versunkenen Betonquaders zu gestalten.

 

nordische Flotane

 

Aber irgendwie passt die puristische Gestaltung sogar in die karge nordische Landschaft mit ihren acht Monate lang schneebedeckten Flächen und ihrem rauen Klima. Das Büro L J B AS, bestehend aus L. J. Berge, C. Herperger, T. Pfeffer, Z. Jelnikar hat ihn gestaltet. 20 Quadratmeter nimmt der Bau ein und betritt man ihn, so wird der quadratische Außeneindruck durch zwei schräg zueinander laufende Holzwände ad absurdum geführt. Ungewohnte Perspektiven ergeben sich in den beiden Unisex-Toiletten links und rechts. Die Eingangsfront und die Innenseiten sind aus Holz gestaltet. Hinter der mittleren Türe ergibt sich ein dreieckiger Servicebereich. Die Südseite des Betonquaders scheint ganz verglast zu sein, jedoch ist nur der obere Teil transparent und im unteren Bereich befinden sich Solarzellen, die die Anlage komplett autonom und netzunabhängig machen.

 

Fotos: © L J B AS, E. Marchesi (interiors), H. Benrdtson

 

 

Kultur im Stahlbetonskelett – Mlynica

In Bratislava gibt es ein großes Areal aus der Zeit der postindustriellen Bautätigkeit. Hier steht unter anderem zum Beispiel die „Mlynica“, eine Fabrik, in der ab 1960 Leichtbetonbauteile und -blöcke hergestellt wurden. Die Produktion lief bis 1992, dann wurde privatisiert und die neuen Eigentümer filetierten den Komplex.

 

Mlynica

 

In den Jahren 2015/16 wurde ein Projekt gestartet, um das Bauwerk mit seinem industriellen Charme einer neuen Nutzung zuzuführen. Das slowakische Architekturbüro Gutgut entwarf ein Design, welches der strukturellen Logik des Originalbaus folgt. Der Stahlbetonrahmen mit seiner Leichtbetonfüllung wurde erhalten und ein neues Programm erfüllt heute die Innenräume. Teilweise schuf man vorsichtig neue Öffnungen, wo es die inneren Funktionen verlangten, aber immer mit Rücksicht auf die lastabtragenden Strukturen und das Gesamtbild der Architektur. Diese Fenster fügen sich in das lesbare Bild des Rasters der typischen Öffnungen des Industriegebäudes ein.

Vertikal teilt sich die „Mlynica“ nun in drei funktionale Zonen: einen Eventbereich, administrative Bereiche und einen Wohnbereich. Die Kommunikation findet durch die zentrale Halle der ehemaligen Produktion statt, hier führen simple Holzrampen und Stege von einer Ebene zur nächsten. Überhaupt haben die Planer den rauen Charme der Betonarchitektur durch die Verwendung möglichst weniger neuer Materialien erhöht: Holz und Profilglaswände schaffen Trennungen, Leitungen liegen offen an den Wänden, Nasszellen sind spartanisch aber elegant. Drei neue Ebenen für die Verwaltung hat man in den alten Betonsilos geschaffen, sie werden von der Zentralhalle aus zugänglich gemacht. Wohnen findet in einem kleinen Bereich auf den oberen Stockwerken statt.

 

Fotos: Jakub Skokan, Martin Tůma

 

 

Sakral und minimal in Stahlbeton

Kurz nach dem 2. Vatikanischen Konzil begann man mit einer enormen Erneuerungswelle im Kirchenbau in Europa. Nicht nur im Inneren änderte sich das Aussehen, sondern vor allem die äußeren Erscheinungsbilder bekamen ganz andere Anmutungen. Beton, Stahl, große transparente Flächen aus Glas dominierten auf einmal die bislang eher verschlossenen Architekturen. Sogar frei stehende Stahlbetonkirchtürme kamen in Mode. Ganz in dieser Tradition hat Architekt Marek Jan Štěpán einen Sakralbau in Tschechien errichtet. Die Kirche des Hl. Wenzeslaus befindet sich in Sazovice, Mähren und wurde 2017 fertiggestellt.

 

Stahlbeton Kirche Wenzel

 

Die Idee zu dieser Kirche stammt schon aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Jedoch erst vor drei Jahren wurde sie wieder aufgegriffen und von den Bewohnern des Ortes ein Komitee zur Finanzierung des Baus gegründet. Der kreisförmige Grundriss umschreibt exakt den quadratischen Grundriss der Prager Kapelle und das Zylindrische bezieht sich auf die Zeit des heiligen Wenzel (Václav), in der eben Rotunden errichtet wurden.

Der Architekt hat einen annähernd zylindrischen Stahlbetonkörper errichtet, allerdings verschwindet die von außen spürbare Massivität durch den Trick, die Wände wie Papier heraus- und hineinzudrücken. An diesen Stellen laufen die dicken Volumina bis auf wenige Zentimeter – fast spitz – zusammen und entmaterialisieren scheinbar den Körper. Er wirkt leicht und begreifbar, man spürt gar nicht das Massive und auch nicht die Höhe, die ja immerhin vier Ebenen (zumindest im Stiegenaufgang zum Glockenraum) enthält. Der Zugang zum Innenraum kann von zwei verschiedenen Ebenen erfolgen. Im Untergeschoss befinden sich Technik, Sozial- und Nebenräume, im Eingangsgeschoss der Kirchenraum mit einer Empore und einer dreieckigen Lichtöffnung gegen den Himmel. Eine Wendeltreppe führt hinauf zu einer der erwähnten Einbuchtungen im Zylinder, hier hängen die Kirchenglocken.

Das Licht spielt in dieser Architektur eine große Rolle. Es gleitet die Wände entlang, dringt ein, penetriert den Beton und betont die Form. Die nach innen und außen gebogenen Wandteile schaffen eine Durchdringung von Architektur und Umgebung, ein Fließen des Raumes. Das Innere ist im Gegensatz zu barocken Kirchenräumen äußerst schlicht und reduziert gehalten. Die Atmosphäre schafft Ruhe, Besinnung und Frieden. Auch die wenigen künstlerischen Applikationen an den Wänden tragen dazu bei. Es entsteht eine Stimmung, in der die Beleuchtung zum Bindeglied zwischen der materiellen Welt und dem Unsichtbaren, dem Transzendenten wird. Und gerade in unserer heutigen Zeit, in der wir mit Informationen überladen und überschwemmt werden, sind solche Gelegenheiten rar und umso wichtiger.

 

Fotos: ©Boysplaynice

 

 

Systembedingt – Betonwerk

Am Rand von Prag hat das Büro Architektura ein Verwaltungsgebäude für ein Betonwerk errichtet. Die vor Ort befindlichen Teile des Werkes, eine Betonmischanlage und 40 Meter hohe landwirtschaftlich genutzte Silos, waren für die Richtung des Designs ausschlaggebend. Und wenn schon Beton, dachte man sich, dann auch ordentlich.

 

Betonwerk

 

Also besteht der Bau komplett aus in Ortbeton gegossenen Teilen. Die Wände hat man einen Meter dick gemacht, dadurch erübrigt sich jede weitere Dämmung, Verkleidung und Isoliermaßnahme. Leitungen und infrastrukturelle Einrichtungen sind sichtbar gelassen, Aluminiumfenster in verschiedenen Größen folgen dem Lauf der Sonne und geben Ausblicke auf die Umgebung. Am Dach sind Fotovoltaikpaneele und der Parkplatz für die Mitarbeiter untergebracht, vorhandene Bäume hat man erhalten und heute umrahmen sie den Betonbau, als ob die Architektur von der Natur zurückerobert werden will. Die Architekten schufen mit dieser Arbeit eine Überblendung von alter und neuer Betonstruktur, perfekt eingefügt in eine industrielle Umgebung.

 

Fotos: ©Filip Šlapal

 

 

Trügerisches Bild in der Landschaft Bukkekjerka

Norwegische Architekten benutzen gerne Beton als Baumaterial. In Kombination mit einer trügerischen Spiegelwand präsentiert sich ein altarähnlicher Umschlag aus Beton in der felsigen Landschaft von Bukkekjerka alsRastplatz, Aussichtspunkt und Toilette.

 

Bukkekjerka

 

Die Form des Altars entstammt aus einer alten Sage der indigenen Sami. Sie ist ihnen heilig und die Formgebung der Morfeus Arkitekter stellt somit auch eine Verneigung an die Sami und an die vorhandene Landschaft dar.

 

Bukkjerka

Am 7. Juni 2018 wurde die Architektur eröffnet. Der Rastplatz besteht aus verschiedenen Elementen, aus Wegen, einer Sitzbank und einer Fußgängerbrücke, welche die Besucher zum etwas entfernt gelegenen Leuchtturm im Westen bringt. Das architektonisch eindrucksvollste Teil ist jedoch die Toilette mit Wasch­gelegenheit. Dieses Gebäude, das sich in die zerklüftete und wilde Umgebung der Felsformationen eingliedert, ist als ein gefalteter Betonstreifen, der ein verglastes, verspiegeltes Volumen umschließt, gestaltet. Von außen scheint es durch die Spiegelwirkung zu verschwinden, es ist ein Abbild der Umgebung. Die Stahlbetonplatten wirken als Rahmung dieses Reflexionsbildes. Als Besucher bemerkt man beim Betreten der Räume, dass die Wände aus Glas bestehen und nur einseitig verspiegelt sind. So öffnet sich im Inneren der Blick auf das offene Meer und die Gegend.

 

Fotos: ©Caroline Støvring / Morfeus Arkitekter

 

 

Das Fensterhaus – Kuala Lumpur

Am Rande eines malaysischen Waldes bei Kuala Lumpur hat das Büro FORMZERO mit Architekt Cherng Yih Lee sein Hauptaugenmerk bei einem Wohnhaus darauf gelegt, eine sehr intime Verbindung der Architektur mit dem Wald seiner Vegetation zu erzielen.

 

Fensterhaus Kuala Lumpur

 

So entwarfen sie das „Window House“. Der Auftraggeber wollte eine Maximierung des Innenraumes und eigentlich keine gartenähnlichen Bereiche, deshalb bedeckt eine Betonhülle das Gebäude von Ost nach West. Dieser Umschlag bedeckt praktisch den gesamten Baugrund und erfüllt zwei Zwecke: Erstens ist er eine zusätzliche thermische Isolierung und zweitens bietet er die gewünschten Aspekte der Privatheit im und um die Architektur herum. Diese Betonhülle ist zweiseitig offen, um die Luftzirkulation zu ermöglichen.

In der Hülle selbst sind viele, fensterähnliche Öffnungen angebracht, dahinter wachsen Bäume und Pflanzen, also gleichzeitig im und außerhalb des Hauses. Das Fenster wird vom Architekten als die direkteste Verbindung zur Natur betrachtet. Aber, da das Gebäude von anderen Häusern umringt ist, findet Natur auf mehreren Ebenen und eben innerhalb der Architektur statt.

Die Außenform ist eher riesig, weil der Umschlag ein komplettes Ein-bis Zwei-Familienhaus umhüllt. Er ist kegelstumpfförmig gestaltet und bietet an der Nord- und Südseite durch seine Offenheit, quasi ein weiteres enormes Fenster zur Aussicht auf die Umgebung und den Wald. Durch die dachähnliche Abflachung entsteht an der Vorderseite der Eindruck, dass es sich um eine Architektur mit eher humanen, hausähnlichen Proportionen handelt. Die Fenster des eigentlichen Hauses an der Nord- und Südseite sind entsprechend den inneren Funktionen angeordnet, man hat bewusst auf eine gestalterische Fassaden­ästhetik verzichtet. Die Öffnungen dienen wieder als gerahmte, bildhafte Ausblicke in die Umgebung und dieser Eindruck wird durch weit vorspringende Umrahmungen an der Fassade noch verstärkt.

 

Fotos:©Ronson Lee von Twins Photography

 

 

Sechzehn Möglichkeiten – ModuLofts

ModuLofts / Beirut / Fouad Samara Architects

In Beirut ist der urbane Kontext chaotisch und widersprüchlich. Auch wegen des erst vor wenigen Jahren zu Ende gegangenen Bürgerkrieges. Architekten sind dadurch gezwungen, ihre Rolle als Katalysator in dieser Übergangszeit zu überdenken. Im Sektor des kommerziellen Wohnbaus der Architektur Beiruts hat sich eine spezifische, unkontrollierbar, wie Schwammerl wachsende Szene von banalen und nicht inspirierenden Bauten entwickelt. Diese Architekturen reflektieren weder das architektonische Erbe der reichen und vibrierenden Stadt noch den Anspruch und Geschmack seiner Bewohner. Denn die Beiruter leben nicht schlecht, sie genießen das Leben und das drückt sich auch in der Gestaltung mancher Architektur aus.

 

ModuLofts

Ein kinetisches Gebäude errichteten die Fouad Samara Architects in Beirut, Libanon. Schiebewände in den einzelnen Wohnungen lassen sich vom Nutzer bewegen und in die Fassade hinausschieben. Dadurch ergeben sich die verschiedensten Varianten für die Innenräume und auch die Straßenansicht der Architektur unterliegt einem ständigen Wandel.

 

Inspiriert von der Klarheit des traditionellen libanesischen Hauses, des „Beit“, sowie von der Poesie und Flexibilität der urbanen Lofts in London und Manhattan der 60er- und 70er- Jahre, entwarf das Büro Fouad Samara Architects (FSA) eine Architektur mit der Bezeichnung ModuLofts. Es ist ein 14-geschossiges Hochhaus, welches aus sieben Duplex-Lofts auf einem Pfeiler aufgefädelt, besteht. Unter den Lofts sind auch genau sieben Parkplätze untergebracht. Das Ganze steht auf einer Grundfläche von nur 206 Quadratmeter, in dem im Osten der Stadt gelegenen Gebiet Rmeil, nahe dem bereits gentrifizierten Achrafieh-Bezirk. In seiner ganzen, brutalen Ehrlichkeit hat das Projekt den Anspruch, eine ausgesprochene Authentizität in der Architektur, vergleichbar vielleicht mit dem, was Le Corbusier in seiner Polemik „Vers une architecture“ einmal gesagt hat, zu vermitteln. Corbusier verlangte darin nicht nach einer neuen Architektur, sondern nach einer modernen Architektur.

ModuLofts stellt eine Herausforderung, eine Provokation für die existierenden Strukturen des Wohnbaus in Beirut dar. Der Bau antwortet auch auf die sich schnell und ständig wechselnden Bedingungen des urbanen Lebens. Zusätzlich zu den üblichen Herausforderungen des Wohnungsmarktes (nach kleinen oder mittleren Wohneinheiten) versuchten die Designer, eine Wohnlichkeit in den Lofts zu erzielen. Denn dieses „zu Hause sein“ fehlt sehr oft in realisierten Projekten. Außerdem sollten flexible Arbeitsmöglichkeiten in der dynamischen Stadt entstehen. All das sind Kriterien, die seit den 20er-Jahren zusammen mit der Klarheit der traditionellen Archetypen und aufgrund der neuen Bautechniken verschwunden sind. Also wurden daraus eine aufregende Ergänzung zum Stadtgefüge und eine Neuinterpretation der wichtigsten Qualitäten von Lofts: Ehrlichkeit bei den benutzten Materialien, großzügig vorhandenes natürliches Licht, Flexibilität und ein gewisser räumlicher Luxus.

 

ModuLofts

Menschliche Kraft ist notwendig, um die beweglichen Trennwände umzupositionieren und so die 16 möglichen Aufteilungen der Wohnungen zu realisieren.

 

Wenn man sich dem Gebäude nähert, sticht die verblüffend unregelmäßige und sich ständig ändernde Fassade unter den umgebenden Wohnblocks heraus. Die, aus der Architektur heraus schiebbaren Wände ermöglichen 16 verschiedene Arten eines der Appartements zu „tunen“. So werden zusätzliche räumliche Konfigurationen und eine interne Flexibilität ermöglicht. Ein – sozusagen – kinetisches Bauwerk engagiert sich in der Straßenfassade und schafft Interaktionen mit den Nachbargebäuden, die mit den in Wohngebieten üblichen Balkonreihen verziert sind. Den Fouad Samara Architects sind gedankliche Verbindungen zur Architektur von Alison und Peter Smithson (siehe Kasten) aus den 80er-Jahren nicht fremd, aber auch Ideen von Lucius Burckhardt lassen sich in ihren Theorien finden. Nach dem Prinzip, dass ein Wohnbau erst dann fertig ist, wenn er von den Bewohnern in Besitz genommen wurde, lassen sich genau 268.435.456 Variationen für die Fassade, vorgenommen durch die Nutzer, imaginieren.

Beim Entwickeln der Grundrisse für ModuLofts versuchten sie auch, die Essenzen aus dem traditionellen libanesischen Wohnhaus einfließen zu lassen. Sie entwarfen Pläne für jedes der sieben, vertikal gestapelten Lofts. Alle haben einen zentralen, zweigeschossigen Wohn- und Essraum, zwei Räume auf der unteren Ebene und einen weiteren – verbunden durch eine schmale Brücke – auf der oberen Ebene. Mit Ausnahme der Küche auf der unteren Ebene haben diese anderen Räume keine speziellen Funktionen. Sie können geöffnet oder geschlossen werden, als Schlafzimmer, Studio, Homeoffice, Sitzbereich oder Gästezimmer benutzt werden. Ebenso kann die Küche vom übrigen Teil der Wohnung getrennt oder geöffnet werden. Flexibilität und eine räumliche Großzügigkeit sind die Kennzeichen jedes der Lofts. Jede Einheit kann in 16 verschiedenen Variationen personalisiert werden, je nach Lebensstil der Bewohner.

Wie bei den traditionellen libanesischen Häusern sind auch beim ModuLoft die Materialien und Konstruktionsmethoden klar lesbar und eindeutig. Sie schaffen den architektonischen Ausdruck des Bauwerkes. Tragende Teile sind in Ortbeton gegossene, grob geschalte Stahlbetonträger. Stahl- und Aluminiumelemente wie die Vorhangfassade, Geländer, Stiegen und Schiebewände sind schwarz gestrichen. Nicht lastabtragende Elemente wie abgehängte Decken und MDF-Verkleidungen sind weiß gestrichen. Die Wohnungsgrundrisse selbst sind nach einer Idee Louis Kahn‘s organisiert, in „served and servant spaces“. Ähnliche Ansätze sind auch bei den Aires Mateus Architects zu entdecken: An der Rückseite befindet sich eine 2,40 Meter tiefe Zone für Nebenräume und Erschließung, davor eine 80-Zentimeter-Zone für die interne Stiege und für Einbauschränke. Übrig bleibt ein 4,20 Meter tiefer Bereich, eine noble Zone, der sich zur hauptsächlich verglasten Straßenfassade öffnet und die Gegend überblickt.

 

 

ModuLofts
Beirut, Libanon

Bauherr: privat
Planung: Fouad M. Samara
Mitarbeiter: Jad Abi Fadel, Lara Alam
Statik: PAG for Engeneering

Grundstücksfläche: 1.700 m2
Bebaute Fläche: 206 m2
Planungsbeginn: 12/2010
Bauzeit: 4 Jahre
Fertigstellung: 02/2017
Baukosten: 2,16 Mio. Euro

Loft-1---Lower-Level

Untergeschoss

Loft-1---Upper-Level

Obergeschoss

Section

Fotos:©Nader Mousally

Text:©Peter Reischer

 

 

Betonzwillinge – Karolinska University Hospital

Zwei große Blasen – TAH (Technology and Health) und NEO – stehen im Gebäude des Karolinska University Hospital in der Nähe Stockholms, Schweden. Sie beinhalten Lern- und Wissenschaftslabors, Hörsäle und vier Auditorien, ausgestattet mit der allerneuesten Ton- und Akustikqualität.

 

Beton zwillinge

 

Diese Hightec-Ausrüstung bedeutet zum Beispiel, dass in einem der Hörsäle auf einem monströsen 15 x 3 Meter großen LED-Monitor unterrichtet wird. Und der dazugehörige Ton wird von 68 Mikrofonen und 234 Lautsprechern geliefert und aufbereitet. Man kann innerhalb und außerhalb der Blasen sprechen, hören und alles weiter übertragen. Im Inneren herrscht ein absolut widerhallfreier Raum für Diskussionen und Vorträge. Das Architekturbüro ­Tengbom hat diese Strukturen entworfen. Hier soll die Architektur Kreativität und Innovation fördern. Wissenschaftler, Forscher und Studenten arbeiten hier zusammen an bahnbrechenden Lösungen für die Gesundheit. Die Benutzer von TAH und NEO können jederzeit über Gänge und Stiegen in das normale Spitalgebäude gelangen.

 

Beton

 

Beide dieser Blasen bestehen aus Beton, das wäre an und für sich nichts Ungewöhnliches. Nur ist dieser Beton praktisch transluzent und besteht aus Hunderten kleinen Perforationen, die die hervorragende Tonqualität erzeugen. Die produzierende Firma (Buton) hat dazu in Stahlmodulen eine gewöhnliche Bläschenfolie, wie man sie zum Verpacken von zerbrechlichen Gütern verwendet, eingelegt, diese dann mit einer relativ dünnen Betonschicht überdeckt und wieder eine zweite Folie aufgelegt. Anschließend wurden die Module unter Druck gepresst und dabei platzten einzelne Bläschen auf. Es entstanden äußerst dünne, stellenweise durchsichtige Betonschalen, welche in einem Stahlrahmen eingefügt wurden und im Gesamten dann die Blasenform ergaben. In den beiden Eingängen hat man Perforationen mit der chemischen Formel des Oxytocin, des sogenannten Liebesmoleküls, untergebracht – ein kleiner Hinweis auf die Wichtigkeit menschlicher Beziehung auch in der Wissenschaft und Forschung. Für das Gießen der Paneele hat man nur zwölf verschiedene Stahlmodule benutzt und daraus die 250 notwendigen Paneele erzeugt. Eingebaute LEDs können die Blasen in jeder beliebigen Farbtönung be- und hinterleuchten. Mit ausgeschalteten Lichtern entsteht ein eher düsteres, an alte Kreidezeichnungen erinnerndes Bild.

 

Beton

Fotos: Tengbom

 

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