42 architektur FACHMAGAZIN Magazin
Wenn niemand
für den Schaden haftet
Verursacht ein fehlerhaftes Produkt, das im Rahmen eines Bauvorhabens verbaut
worden ist, in der Sphäre eines gewerblichen Auftraggebers (z. B. Bauträger, General
oder Totalunternehmer) einen Schaden, kann dies zur Folge haben, dass dem
geschädigten Auftraggeber niemand für diesen Schaden einzustehen hat.
Bauleistungen umfassen bekanntermaßen
nicht nur die für die Herstellung eines Gewerks
erforderlichen Arbeits- bzw. Werkleistungen,
sondern auch die Lieferung der dafür
erforderlichen Produkte (insbesondere
Materialien), die im Rahmen des Bauvorhabens
verbaut werden. Die gelieferten und
verbauten Produkte können fehlerhaft sein,
was dem Bauunternehmer bei Ausführung
seiner Bauleistungen nicht zwangsläufig
auffallen muss.
Ein verbautes Produkt, das fehlerhaft ist,
kann einen Schaden zum Nachteil des Auftraggebers
der Bauleistungen verursachen.
Dafür haftet nach dem Produkthaftungsgesetz
(PHG) verschuldensunabhängig der
Hersteller oder – bei eingeführten Produkten
– der Importeur des schadenskausalen
Produktes oder – wenn der Hersteller oder
der Importeur nicht festgestellt werden
kann – jeder Unternehmer, der das Produkt
in Verkehr gebracht hat.
Von einer solchen Haftung nach dem PHG
ausgenommen sind jedoch Schäden, die das
fehlerhafte Produkt an Sachen verursacht,
die ein Unternehmer überwiegend in seinem
Unternehmen verwendet hat. Ein gewerblicher
Auftraggeber von Bauleistungen kann
daher mit dem Problem konfrontiert werden,
dass ihm in einem Schadensfall, den ein fehlerhaftes
Produkt verursacht hat, keine Produkthaftung
zugute kommt.
Zu denken ist hier z. B. an den Fall, dass ein
Installateur im Auftrag eines Bauträgers
von Lieferanten des Installateurs bezogene
Rohrleitungen verlegt, die aufgrund
eines – für den Installateur nicht erkenn-
Text: Mag. Matthias Nödl
baren – Produktfehlers undicht sind und
bei Inbetriebnahme der Leitungen einen
Wasserschaden an der Bausubstanz verursachen.
Ausgehend von diesem Fallbeispiel
ergibt sich für den Bauträger folgende
ungünstige Situation:
Eine verschuldensunabhängige Produkthaftung
des Herstellers oder Importeurs der
verbauten Rohrleitungen oder eines sonstigen
Unternehmers, der die Rohrleitungen
in Verkehr gebracht hat, nach dem PHG gegenüber
dem Bauträger scheidet aus, weil
der Schaden am Bauwerk des Bauträgers,
sohin an einer Sache, die der Bauträger in
seinem Unternehmen „verwendet“, entstanden
ist. Sohin verbleibt nur eine allfällige
verschuldensabhängige Haftung.
Liegt kein Verschulden des Installateurs
vor (z. B. weil der Produktfehler für den Installateur
nicht erkennbar war) und hat dieser
gegenüber dem Bauträger auch keine
verschuldensunabhängige Produkt- oder
Garantiehaftung übernommen, ist der Bauträger
auf die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen
gegen den Installateur
beschränkt, der in diesem Rahmen lediglich
die undichte Rohrleitung zu reparieren oder
auszutauschen hat.
Nun könnte man meinen, dass ein allfälliges
Verschulden des Herstellers und/oder Lieferanten
der Rohrleitungen im Sinne einer
Gehilfenhaftung gemäß § 1313a ABGB dem
Installateur zuzurechnen ist, sodass über
diesen Umweg (z. B. infolge eines vom Hersteller
verschuldeten Produktionsfehlers)
eine Verschuldenshaftung des Installateurs
in Betracht kommen könnte. Diese Meinung
wird von der Rechtsprechung jedoch nicht
zwingend geteilt.
Vielmehr gilt demnach der Hersteller oder
Lieferant eines Produktes an und für sich
– von Sonderkonstellationen und Ausnahmefällen
abgesehen – nicht als Erfüllungsgehilfe,
insbesondere auch weil ein
Werkunternehmer, der verschiedene von
dritter Seite bezogene Produkte zu einem
Werk verarbeitet, nach herrschender Ansicht
grundsätzlich nicht zur Erzeugung der
für die Herstellung des Werks verwendeten
Produkte verpflichtet sein soll.
Mit Rücksicht auf unser Fallbeispiel bedeutet
dies, dass der Installateur grundsätzlich
nur für die Auswahl eines geeigneten Herstellers
oder Lieferanten der Rohre, deren